Vorratsdatenspeicherung:"Schwarzer Tag für Grund- und Freiheitsrechte"

Die Opposition geißelt den Kabinettsbeschluss zur Vorratsdatenspeicherung. Die Bundesbeauftragte für Datenschutz kritisiert die "unnötige Eile" mit der das Gesetz vorangebracht wird.

Die Bundesregierung hat unbeeindruckt von scharfer Kritik den Weg für die massenhafte Speicherung von Telefon- und Internetdaten zur Verbrechensbekämpfung freigemacht. Während Koalitionspolitiker den Gesetzentwurf als gelungene Balance zwischen Freiheit und Sicherheit in der digitalen Welt lobten, rügten Opposition, Datenschützer und Netzaktivisten die Pläne als verfassungswidrig und unverhältnismäßig. FDP, Grüne und Linke haben Klagen angekündigt. Das Kabinett stimmte am Mittwoch einem Gesetzentwurf zu, den die Koalition im Schnellverfahren noch vor der Sommerpause durch den Bundestag bringen will. Die Länder müssen nicht zustimmen, sodass das Gesetz im Sommer in Kraft treten könnte.

Die Regierung spricht im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf gern von "Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten", weil die massenhafte und anlasslose Aufbewahrung von Telekommunikationsdaten auf Vorrat stark in Verruf geraten ist. Nach dem Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD) sollen Telekommunikationsanbieter die IP-Adressen von Computern und Verbindungsdaten zu Telefongesprächen künftig maximal zehn Wochen aufbewahren. Standortdaten bei Handy-Gesprächen sollen höchstens vier Wochen gespeichert werden, Daten zum E-Mail-Verkehr gar nicht. Auch Kommunikationsinhalte werden nicht erfasst. "Den Sicherheitsbehörden geben wir bei schweren Straftaten ein zusätzliches Instrument. Die Privatsphäre schützen wir", verteidigte Maas die umstrittene Vorlage. Er sei sehr zuversichtlich, dass das Gesetz einer gerichtlichen Überprüfung standhalten werde.

Linken-Fraktionsvize Jan Korte sprach dagegen von einem "schwarzen Tag für unsere Grund- und Freiheitsrechte". Während in anderen europäischen Staaten die Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung aufgehoben würden, "bereitet die große Koalition in einem nationalen Alleingang den nächsten Verfassungsbruch vor", sagte Korte. Der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz sagte, die anlasslose Speicherung auf Vorrat müsse gestoppt werden. Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff sieht ebenfalls die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht beseitigt, zudem nannte sie die "unnötige Eile", mit der das Gesetz durch die Gremien gehe, "inakzeptabel". Selbst in der SPD gibt es viele Vorbehalte.

Besonders erfreut reagierte hingegen die Union. Von einem "Quantensprung für die innere Sicherheit" sprach der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thomas Strobl. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) betonte: "Das ist das zurückhaltendste Gesetz in der ganzen Europäischen Union." Das Bundesverfassungsgericht hatte die sehr viel weiter gehenden deutschen Regeln zur Datenspeicherung im Jahr 2010 für verfassungswidrig erklärt, der Europäische Gerichtshof hatte 2014 die zugehörigen EU-Regeln gekippt.

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