Vorgezogene Wahl des NPD-Bundesvorstands:Im Kampf gegen sich selbst

Gericht bestätigt Hausverbot gegen NPD-Chef Voigt

Löst er Holger Apfel ab? Udo Voigt bei einer Pressekonferenz im Jahre 2010.

(Foto: dpa)

Kein Geld, ein drohendes Verbotsverfahren und schlechte Wahlergebnisse: Die Lage der NPD ist verheerend. Vor einer vorgezogenen Vorstandswahl hoffen manche Rechte auf einen Herausforderer für Parteichef Apfel - ausgerechnet Vorgänger Voigt ist im Gespräch.

Von Antonie Rietzschel

Als Holger Apfel im November 2011 zum neuen Bundesvorsitzenden der rechtsextremen NPD gewählt wurde, war er mit dem Versprechen angetreten, die Partei zu erneuern. Der militante Kurs des 15 Jahre amtierenden Udo Voigts sollte von der "seriösen Radikalität" Apfels abgelöst werden. Innen ultrarechts, nach außen gemäßigt - so sollten unentschlossene, rechtsoffene Wähler für die Ziele der NPD gewonnen werden. Doch anderthalb Jahre später ist der Zustand der Partei verheerend: Leere Kassen, das drohende Verbotsverfahren und das Bekanntwerden des NSU-Terrors haben sie extrem geschwächt. Bei der Landtagswahl in Niedersachsen erreichte sie gerade mal 0,8 Prozent.

Nun hat die Partei die Wahl des Bundesvorstands um mehr als sechs Monate vorgezogen. "Wir wollen, dass der Bundesvorstand angesichts der Bundestagswahl und dem Verbotsverfahren gestärkt ist", sagt NPD-Pressesprecher, Frank Franz der SZ. Personelle Veränderungen seien nicht zu erwarten, während des Parteitages am ersten Aprilwochenende solle Apfel im Amt bestätigt werden.

Kandidatur von Udo Voigt ist offen

Doch besonders in den extrem radikalen Kreisen wächst der Widerstand gegen Apfel, und die Unterstützung für den ehemaligen Parteichef Udo Voigt wächst. In den vergangenen Wochen haben sich die so genannten "Freundeskreise" für Voigt formiert. Nach eigenen Angaben soll es in mittlerweile 15 Orten entsprechende Gruppen geben. Das klingt zunächst nach wenig. Doch dass neben Mitgliedern der Kameradschaftszene auch führende ehemalige NPD-Funktionäre zu den Mitbegründern gehören sollen, zeigt eine offenkundige Unzufriedenheit, die Apfel zum Verhängnis werden könnte.

Die Kommentare auf der dazugehörigen Internetseite sind eindeutig. "Udo Voigt ist der Sympathieträger der nationalpatriotischen Kräfte in Deutschland schlechthin!", heißt es da. Oder: "Es wird Zeit, dass unser Udo wieder das Steuer in die Hand nimmt!!!" Auch der Verfassungsschutz schätzt die Lage als schwierig ein: "Es formiert sich offenbar in und außerhalb der NPD eine Front gegen die aktuelle Bundesführung der NPD unter Apfel", heißt es in einer Erklärung. Innerhalb der Partei bahne sich ein Machtkampf an.

Ob der auf dem Bundesparteitag offen ausbricht, wird sich zeigen. Udo Voigt will sich nicht zu einer eindeutigen Aussage hinreißen lassen, ob er gegen Apfel antreten wird. "Aus heutiger Sicht möchte ich nicht zu einer Spaltung der Partei beitragen", sagt er der SZ.

Voigt übt offen Kritik an Apfel

Gleichzeitig betont er aber auch, dass alles von der Stimmung auf dem Parteitag abhinge: "Ich muss erst mal schauen, wie viele Landesverbände mich vorschlagen." Während er bei seinen eigenen Plänen vage bleibt, übt er offen Kritik an Apfel: "Ich sehe überhaupt keine Führung. Er war wohl selbst überrascht, dass er damals gewählt worden war", sagt Voigt. Die Partei habe keinerlei Konzept, viele Kontakte, die er geknüpft habe, seien verloren gegangen.

Voigt hatte von 1996 bis 2011 die NPD als Bundesvorsitzender für die Kameradschaftsszene geöffnet und sie damit aus ihrer Bedeutungslosigkeit geführt. Unter seiner Leitung zog die Partei in die Landtage in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern ein. In der Partei gilt er als Hardliner: 2010 verherrlichte er in einer Rede in der Bezirksverordnetenversammlung die Waffen-SS und wurde dafür wegen Volksverhetzung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2011 ließ Voigt Plakate mit der Aufschrift "Gas geben" aufhängen. Doch im selben Jahr führten sein Umgang mit der Finanzaffäre um den ehemaligen Schatzmeister Erwin Kemna und die ausbleibenden Wahlerfolge zu einem Machtkampf. Damals war Apfel, einst Voigts langjähriger Vertrauter, der Sieger.

Mit Apfels Kurs der "seriösen Radikalität" wandte sich die Partei von den radikalen Kräften ab. Besonders in Bayern, dem größten Landesverband der Partei führte diese Entwicklung zu Mitgliederschwund und schließlich auch zu Personalproblemen: Funktionäre, die gleichzeitig auch Mitglieder des Kameradschaftsnetzwerks Freies Netz Süd waren, verließen im Sommer vergangenen Jahres die Partei aus Protest. Unter Apfel habe sich die NPD zu einer "Systempartei" entwickelt, lautete die Kritik. Mit anderen Worten: Den Rechten ist die eigene Partei zu angepasst, zu nett. Schließlich musste der Chef des NPD-Landesverbandes Ralf Ollert zurücktreten.

Doch nicht nur die Kritik an der Ausrichtung der Partei macht Apfel zu schaffen. Er führt eine Partei, deren politische, aber auch finanzielle Zukunft unsicher ist. Der Bundestag hat die Finanzierung NPD eingestellt, weil die Partei sich weigert wegen fehlerhaften Rechenschaftsberichten eine Millionenstrafe zu zahlen. Dabei ist sie auf die Finanzierung angewiesen: 2011 bekam sie mehr als 1,3 Millionen Euro aus Steuergeldern. Diese Zahlung macht 38 Prozent der gesamten NPD-Einnahmen aus, wie ein Bericht der Bundesregierung zeigt. Apfel wollte die NPD zur "Kümmerer-Partei" machen. Derzeit kümmert sie sich aber vor allem um sich selbst.

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