Bundestagswahl 2025:Jetzt aber schnell

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Noch steht der Termin nur inoffiziell fest. Doch die Vorbereitungen für den 23. Februar laufen. (Foto: Philipp von Ditfurth/dpa)

Kandidatenlisten, Stimmzetteldruck, Briefwahl: Die vorgezogene Neuwahl muss in viel kürzerer Zeit als sonst organisiert werden. Welche Probleme wirft das auf, welche Fristen gelten? Ein Überblick.

Von Ann-Marlen Hoolt, Lisa Nguyen, München

Die vorgezogene Neuwahl stellt Wahlorgane und Parteien vor besondere Herausforderungen. Spätestens 60 Tage, nachdem der Bundestag aufgelöst wurde, muss sie stattfinden. Der organisatorische Aufwand ist hoch und die Zeit knapp. Dazu erschweren die Weihnachtsfeiertage die Vorbereitungen. Durch den Zeitdruck steigt auch die Gefahr von Formfehlern. Fristen könnten nicht eingehalten werden, Listen nicht sorgfältig geprüft werden. Wie stellen die zuständigen Stellen und die Parteien sicher, dass die Bundestagswahl 2025 reibungslos ablaufen kann?

Die Fristen sind kurz – und gelten bisher nur inoffiziell

Schon kurz nach dem Regierungsbruch haben viele Kommunen und Landeswahlleiter mit den Vorbereitungen für die vorgezogene Neuwahl begonnen. Es wurden Wahlausschüsse gebildet, Bezirke für die Briefwahl festgelegt, Wahllokale angemietet und erste Wahlunterlagen erstellt. Denn klar ist – die Zeit bis zur Wahl ist knapp. Allerdings stehen die genauen Fristen für die Organisation bislang nicht offiziell fest. Sie werden erst dann verkündet, wenn der Bundespräsident den Bundestag aufgelöst hat. Und das kann er erst, wenn Olaf Scholz am 16. Dezember die Vertrauensfrage gestellt hat und danach der 23. Februar wirklich als Neuwahltermin feststeht. Wenn es bei diesem Datum bleibt, müssen Kleinparteien der Bundeswahlleiterin bis zum 7. Januar melden, dass sie zur Wahl antreten wollen, spätestens eine Woche später bekommen sie Bescheid, ob sie teilnehmen können. Kreiswahlvorschläge und Landeslisten müssten dann bis zum 20. Januar bei der zuständigen Stelle eingereicht werden. Der letzte Tag für die Kreis- und Landeswahlleitungen, die zugelassenen Listen bekannt zu machen, wäre der 3. Februar. Für alle zuständigen Stellen gilt: Je gründlicher sie vorbereitet sind, desto geringer ist die Gefahr von Fehlern.

Die Parteien müssen schnell Wahlprogramme beschließen

Bei einer Bundestagswahl im September veröffentlichen die Parteien ihre Wahlprogramme in der Regel im Mai oder Juni. Also mit genügend Vorlauf für alle Bürgerinnen und Bürger, die Wahlprogramme zu lesen und sich eine Meinung zu bilden. Dieses Mal wird es anders. Die meisten der großen Parteien werden ihre Wahlprogramme erst Ende Januar oder Anfang Februar verabschieden. Denn in der Regel ist dafür eine Abstimmung auf einem Parteitag nötig, und der muss erst einmal organisiert werden. Die SPD hat an diesem Wochenende schon mal zum Wahlkampfauftakt eine „Wahlsiegkonferenz“ veranstaltet. Gleichzeitig plant die SPD einen Parteitag für den 11. Januar, die Grünen bereiten sich für den 26. Januar vor. CDU und CSU wollen ihr Wahlprogramm schon am 17. Dezember in einer gemeinsamen Vorstandssitzung beschließen, einen Tag, nachdem Olaf Scholz die Vertrauensfrage stellt. Die Parteitage von CDU und CSU sollen dann Anfang Februar stattfinden. FDP, Linke und AFD organisieren für ihre Wahlprogramme jeweils Parteitage im Januar, ein Datum steht bisher nicht fest. Zusätzlich zu den Wahlprogrammen werden die Parteien um den Jahreswechsel auch ihre Kandidaten aufstellen. Bisher stehen nur Olaf Scholz (SPD), Friedrich Merz (Union) und Robert Habeck (Grüne) offiziell als Spitzenkandidaten fest.

Eins steht schon fest: 630 Abgeordnete werden dem neuen Bundestag angehören. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Kleinparteien brauchen 27 000 Unterstützer

Für Parteien, die nicht im Bundestag oder Landtag etabliert sind – etwa die Piratenpartei, die Tierschutzpartei, Volt oder die ÖDP –, gibt es im deutschen Wahlrecht besondere Hürden. Um zur Bundestagswahl antreten zu können, müssen sie belegen, dass sie von genug Menschen unterstützt werden. Dazu brauchen sie Unterschriften, von 0,1 Prozent aller Wahlberechtigten, maximal aber von 2000 Personen pro Landesliste. Macht etwa 27 000 Stimmen bundesweit. Die zusammenzubekommen ist für Kleinparteien schon bei einer normalen Wahl ein Kraftakt. Viele der kleinen Parteien verfügen nur über schmale Budgets und werden ausschließlich ehrenamtlich betrieben. Sie hatten um mehr Zeit für die Unterschriftensammlung gebeten. Tatsächlich hat das Bundesinnenministerium die Zeit für die Abgabe der Unterschriften verlängert bis zum 34. Tag vor der Wahl. Die Parteien haben damit bis zum 20. Januar Zeit, die Unterstützerlisten einzureichen statt nur bis 16. Dezember.

Der Wahlomat wird im Rekordtempo befüllt

Seit 2002 können Wähler ihre Ansichten mit den Parteipositionen im Wahlomat abgleichen. Normalerweise dauere die Vorbereitung der Wahlhilfe ein Jahr, sagt Martin Hetterich, Projektleiter des Wahlomat bei der Bundeszentrale für politische Bildung (BPB). Diesmal ist es anders: Bereits Anfang Dezember wird ein Team aus 35 Personen 80 Thesen erarbeiten, zu denen die Parteien Stellung beziehen müssen. Ein Schritt, der ursprünglich für Juni 2025 geplant war. Die Parteien haben dafür nun zwei statt der üblichen drei Wochen Zeit. Anschließend überprüft ein kleines Team aus Wissenschaftlern, ob die Begründungen zu den bekannten Positionen passen. Rund 40 Parteien, jeweils 80 Thesen – und das alles in anderthalb Wochen.

Zweieinhalb Wochen vor der Wahl soll der Wahlomat dann online gehen, ein genauer Termin steht noch aus. Die Hilfsbereitschaft sei dieses Mal enorm, sagt Hetterich. Für die Textredaktion, bestehend aus 25 jungen Freiwilligen, meldeten sich 781 Menschen in nur einer Woche. Bei der diesjährigen Europawahl hatten sich 550 Interessierte beworben, über zwei Monate hinweg.

Auch beim Stimmzetteldruck wird es sportlich

Kurz nachdem die Koalition zerbrochen war, warnte die Bundeswahlleiterin davor, Neuwahlen übereilt anzusetzen. Ein Teil ihrer Begründung: Es könnte an Papier mangeln. Als Harald Wolfbauer diese Aussage hörte, habe er „schallend gelacht“, erzählt er. Wolfbauer ist Geschäftsführer der Druckerei Schleunung im nordbayerischen Marktheidenfeld und beliefert seit fünf Jahren die Region mit Stimmzetteln. „Die Produktion ist sportlich, aber machbar. Und vom Papier her überhaupt kein Thema“, sagt Wolfbauer.

Die Zettel der Bundestagswahl sind genormt: 21 cm breit, die Länge variiert je nach Anzahl der Parteien. „Das ist für uns ein relativ einfacher Stimmzettel im Vergleich zu Kommunalwahlen“, sagt Wolfbauer. Doch nicht jedes Papier kommt infrage: Ein Bogen muss zwischen 80 und 90 Gramm wiegen, lichtundurchlässig sein und einen speziellen Weißton aufweisen. In Deutschland ist es üblich, dass die Landratsämter ihren Stimmzettelbedarf ausschreiben. Die Ausnahme bildet dabei Hessen: Dort wird der Bedarf zentral über eine Vergabeplattform abgewickelt.

Wolfbauer erzählt, dass seine Firma vom 30. Januar bis zum 7. Februar die Stimmzettel drucken werde – das ist eine Woche weniger als bei der letzten Bundestagswahl. Seine Mitarbeiter hat er bereits darauf vorbereitet, am ersten Februarwochenende zusätzliche Schichten einzulegen.

Damit die Wahlunterlagen rechtzeitig gedruckt und auch noch für Briefwähler verschickt werden können, müssen die Wahlvorschläge und Landeslisten bis 20. Januar eingereicht sein. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Für die Briefwahl bleiben zwei bis drei Wochen

Die Briefwahl ist beliebt, auch in Frankfurt, wo bei der letzten Bundestagswahl 51,1 Prozent der Bürger ihre Stimme per Brief abgaben, im Vergleich zu 47,3 Prozent bundesweit. Die hohe Nachfrage könnte Probleme verursachen. „Die größte Herausforderung bei der Briefwahl ist, dass wir die Stimmzettel erst Anfang Februar 2025 erhalten“, sagt Lisa Rühmann, die die Wahl in Frankfurt leiten wird. Der Prozess, der üblicherweise sechs Wochen dauert, müsse nun in zwei bis drei Wochen abgeschlossen werden. „Dies ist logistisch und personell herausfordernd“, sagt Rühmann.

Dauerhaft im Ausland lebende Deutsche, die an der Wahl teilnehmen wollen, müssen wie bei jeder anderen Wahl einen Antrag stellen, um ins Wählerverzeichnis aufgenommen werden. Auf der Website des Auswärtigen Amts ist das jetzt schon möglich.

Wer in Deutschland Briefwahl beantragen möchte, kann sich bereits jetzt formlos bei seiner Gemeinde melden. Der hessische Landeswahlleiter Wilhelm Ganther empfiehlt, dies lieber Anfang Februar zu tun, damit die Anfrage nicht untergehe. Nach Erhalt der Unterlagen sollte man zügig handeln. Die Briefe haben laut Ganther eine Postlaufzeit von zwei Tagen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte lieber ins Wahlbrieflokal gehen oder gleich am Wahlsonntag zur Urne. Ganther wird da grundsätzlich: „Zu einer lebendigen Demokratie gehört, finde ich, ein öffentliches Bekenntnis. Und das ist der Gang ins Wahllokal.“

Eine halbe Million ehrenamtliche Wahlhelfer gesucht

Etwa 500 000 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer braucht es, damit eine Bundestagswahl reibungslos ablaufen kann. Sie geben Stimmzettel aus, kontrollieren Wahlzettel und zählen die Stimmen. Wie bei jeder Wahl gilt: Jeder, der wahlberechtigt ist, kann sich freiwillig als Wahlhelfer oder -helferin melden. Wegen der vorgezogenen Neuwahl haben die Kommunen nun einen besonderen Zeitdruck. Um sicherzustellen, dass sich genug Helferinnen und Helfer finden, schreiben sie zunächst diejenigen an, die das Ehrenamt schon einmal übernommen haben. Dazu werben sie um Freiwillige. Klappt das nicht, können die Kommunen auch Bürger zur Mithilfe verpflichten. Bisher sind die Kommunen allerdings zuversichtlich. Durch die besonderen politischen Umstände ist die Aufmerksamkeit für die Wahl in diesem Jahr besonders hoch, heißt es vielerorts. Das motiviere viele Bürger, sich zu engagieren – vielleicht, so die Hoffnung, sogar mehr, als bei anderen Wahlen.

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