Vor Syrien-Konferenz:Opposition meldet mehr als 40 Tote bei Blutbad in Damaskus

Damaskus unter Beschuss: Die Kämpfe in Syrien gehen auch kurz vor der Syrien-Konferenz in Genf unvermindert weiter, Dutzende Menschen kommen ums Leben. Trotz des Widerstands aus Russland gegen seinen Plan zeigt sich UN-Sondervermittler Annan optimistisch.

Syrische Regierungstruppen haben erneut Teile der Hauptstadt Damaskus unter Dauerbeschuss genommen und laut Angaben von Aktivisten in den vergangenen zwei Tagen mehr als 40 Menschen getötet. Das Panzer- und Artilleriefeuer richtete sich vor allem gegen den Vorort Duma, wie die in London ansässige syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Freitag berichtete.

Demnach kamen dabei am Donnerstag mindestens 41 Menschen ums Leben, die meisten von ihnen Zivilpersonen, sowie mindestens zwei weitere Menschen am Freitag. Die örtlichen Koordinierungskomitees, die den Aufstand gegen die Regierung von Präsident Baschar al-Assad vor Ort organisieren, zählten mindestens 59 Tote. In anderslautenden Meldungen ist von einem Massaker die Rede, bei dem Truppen des Regimes 44 Menschen, unter ihnen Frauen und Kinder, getötet haben sollen. Die Informationen ließen sich zunächst von unabhängiger Seite nicht bestätigen.

Unterdessen lässt Assad nach Angaben eines Rebellengenerals Truppen an der Grenze zur Türkei aufmarschieren. Schätzungsweise 2500 Soldaten seien am Freitag mit 170 Panzern und Militärfahrzeugen etwa 15 Kilometer vor der Grenze stationiert worden, sagte Mustafa al-Scheich. Ein Teil der Soldaten sei unweit der Stadt Aleppo im Norden Syriens stationiert worden, sagte er unter Berufung auf Kämpfer der Rebellenarmee vor Ort.

Der Truppenaufmarsch sei eine "Demonstration der Stärke" und eine Reaktion auf eine Verstärkung türkischer Truppen an der Grenze zu Syrien nach dem Abschuss eines türkischen Kampfjets vor einer Woche. In türkischen Medien hieß es derweil, Ankara sei dabei, ein neues Abwehrsystem für Langstreckenraketen für umgerechnet gut 3,2 Milliarden Euro anzuschaffen.

Außenminister beraten über Annan-Plan

An diesem Samstag wollen in Genf die Außenminister der UN-Vetomächte und Vertreter der Arabischen Liga über Möglichkeiten beraten, das Blutvergießen in Syrien zu stoppen. Grundlage der Gespräche ist ein neuer Plan des UN-Sondergesandten Kofi Annan, der die Bildung einer Übergangsregierung aus Regimevertretern und Oppositionellen vorsieht.

Annan schlägt vor, in Syrien eine Übergangsregierung aus "Mitgliedern der gegenwärtigen Regierung und der Opposition sowie anderer Gruppen" zu bilden. Ausgeschlossen werden sollten jedoch alle Kräfte, "deren Teilnahme die Glaubwürdigkeit des Übergangs unterminieren sowie die Stabilität und Versöhnung gefährden würden".

Russland sieht dies allerdings als Versuch, Assad von vornherein auszuschließen und verlangt eine Abänderung. Außenminister Sergej Lawrow hatte bereits vor einem Treffen mit seiner amerikanischen Amtskollegin Hillary Clinton am Freitag deutlich gemacht, dass Moskau Forderungen nach einem Rücktritt Assads nicht unterstützen werde. Vertreter Moskaus hätten verlangt, den Vorschlag Annans einzuschränken, berichteten auch UN-Diplomaten. Russland wolle nur Formulierungen zustimmen, die auf keinen Fall als Aufforderung an Assad ausgelegt werden könnten, die Macht abzugeben.

Annan bleibt trotz Widerstand optimistisch

Annan sei trotz der Meinungsverschiedenheiten optimistisch, dass es beim Syrien-Treffen der Außenminister zu einer Einigung kommt, sagte sein Sprecher Ahmad Fawzi. Gespräche über das Abschlussdokument "Leitlinien und Grundsätze für einen von Syrern geführten Übergang" liefen gemäß Plan.

Nicht eingeladen zu der Konferenz wurde auf Druck Washingtons Iran, der als engster Verbündeter des Assad-Regimes gilt. Ländern außerhalb der Region sollte es "nicht erlaubt sein, übereilte Entscheidungen über Militäraktionen zu treffen", zitierte die regimenahe iranische Nachrichtenagentur Fars Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast. Der Westen sei außerdem nur daran interessiert, im Nahen Osten einen "sicheren Hafen" für Israel zu etablieren.

Das iranische Fernsehen strahlte am Donnerstagabend ein Interview mit dem syrischen Präsidenten Assad aus, das noch vor Bekanntwerden des jüngsten Annan-Plans aufgezeichnet worden war. "Wir werden keine von außen aufgezwungenen Lösungen akzeptieren, egal, ob sie von Großmächten oder von befreundeten Staaten kommen", sagte er. Für das Scheitern des früheren Sechs-Punkte-Plans von Annan machte er "Terroristen" verantwortlich.

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