Süddeutsche Zeitung

Vor Europawahl:Radikales Buch sorgt für Diskussionen in Wilders-Partei

Die niederländischen Rechtspopulisten setzen große Hoffnungen auf die Europawahl. Kurz vor dem Urnengang gibt es in Geert Wilders' Partei Streit um ein Buch, in dem Freiheitsheld Nelson Mandela als "kommunistischer Anführer" einer "Terror-Organisation" geschildert wird. Geschrieben hat es Wilders engster Mitarbeiter.

Von Thomas Kirchner

Geert Wilders gilt als Meister der politischen PR. Nun aber hat ihm eine niederländische Zeitung gezeigt, was Timing ist: Kurz vor der Europawahl veröffentlichte das linksliberale NRC Handelsblad eine Geschichte, die den europa- und islamfeindlichen Populisten und dessen Partei für die Freiheit (PVV) durchaus ein paar Stimmen kosten könnte - weil sie große Differenzen im innersten Zirkel der PVV offenlegt.

Demnach versuchte Wilders im vergangenen Jahr, die Publikation eines Südafrika-Buches seines langjährigen Vertrauten und Fraktionsgenossen Martin Bosma zu verhindern. Es war Wilders offenbar zu radikal, der Chef sorgte sich um die Folgen für die Partei, die Umfragen zufolge bei der Europawahl auf Platz eins oder zwei kommen könnte. Die Zeitung behauptet, im Besitz des Manuskripts zu sein, das in der PVV zirkuliere.

Nelson Mandela als "kommunistischer Anführer"

Bosma beschreibt darin, wie niederländische Politiker - etwa Ex-Premier Wim Kok - dem südafrikanischen ANC nach dem Ende der Apartheid halfen, die Macht zu konsolidieren und, so Bosma, eine "ANC-Apartheid" zu errichten. Freiheitsheld Nelson Mandela wird geschildert als "kommunistischer Anführer" einer "Terror-Organisation", die unter anderem Morde an Angehörigen der Zulu-Volksgruppe in Auftrag gegeben habe.

Bosma zieht eine abenteuerliche Parallele zur Gegenwart: Die "Linke" plane, die Niederländer im eigenen Land durch den Zuzug von Ausländern in dieselbe Minderheitsposition zu bringen, wie sie die Weißen in Südafrika einnähmen.

Der Verlag Prometheus/Bert Bakker nahm Wilders offenbar die Sorge ab, indem er im Herbst entschied, das Pamphlet nicht zu veröffentlichen. Das sei eine "großartige Nachricht", schrieb Wilders daraufhin an Parteifreunde, die er zuvor ermahnt hatte, "vorsichtig" mit Bosma umzugehen.

Der gelernte Journalist Bosma, 49, der für die PVV im Parlament sitzt, ist einer der engsten und radikalsten Mitarbeiter Wilders', er gilt als dessen "Gehirn", organisierte viele Kampagnen und schrieb dem Parteigründer Reden. Er hat maßgeblich die ursprüngliche Ideologie der PVV mitbestimmt, die sich an neokonservativen US-Islamkritikern orientierte und gegen den "Geist von 1968" gerichtet war. Mittlerweile sollen sich die Bande zwischen beiden Männern gelockert haben. Laut Handelsblad klagte Wilders intern, Bosma sei "unberechenbar" geworden.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1971559
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 22.05.2014/anri
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.