Süddeutsche Zeitung

Vor EU-Sondergipfel in Brüssel:Sozialdemokraten wollen Mogherini als EU-Außenbeauftragte

Auf dem Sondergipfel in Brüssel geht es heute um zwei EU-Spitzenämter. Die Sozialdemokraten haben sich jetzt auf die Italienerin Federica Mogherini für das Amt der EU-Außenbeauftragten festgelegt. Das hat auch Auswirkungen auf die zweite wichtige Personalentscheidung.

  • Beim Sondergipfel in Brüssel wollen die EU-Staats- und Regierungschefs sich auf die Nachfolge der bisherigen EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton und von Ratspräsident Van Rompuy einigen.
  • Sozialdemokraten legen sich auf Italiens Außenministerin Federica Mogherini als EU-Außenbeauftragte fest.
  • Als EU-Ratspräsidenten kommen der polnische Regierungschef Donald Tusk und die sozialdemokratische Regierungschefin Dänemarks, Helle Thorning-Schmidt, in Frage.

Linke Regierungschefs wollen Italienerin als EU-Außenbeauftragte

Sie hat bereits eine steile Karriere hingelegt, nun dürfte sie einen der wichtigsten Posten in der Europäischen Union übernehmen: Italiens Außenministerin Federica Mogherini ist die Favoritin für das Amt der EU-Außenbeauftragten. Kurz vor dem EU-Sondergipfel in Brüssel, auf dem über die EU-Spitzenpositionen beraten werden sollen, haben sich Europas Sozialdemokraten wie erwartet auf Mogherini als künftige EU-Außenbeauftragte festgelegt. "Wir haben uns verständigt darauf, dass wir die Kandidatur der italienischen Kollegin Mogherini für das Amt der Hohen Beauftragten (für die Außen- und Sicherheitspolitik) unterstützen", sagte SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel am Samstag nach einem Treffen der Sozialdemokraten in Paris.

Kritik an Mogherini

Es gibt allerdings starke Vorbehalte gegen Italiens Chefdiplomatin: Kritiker halten Mogherini für zu unerfahren, in Osteuropa wird ihr zudem eine zu nachgiebige Haltung gegenüber Russland vorgeworfen. Schon Mogherinis Ernennung zu Italiens Außenministerin im Februar war eine Überraschung, für den Großteil der italienischen Öffentlichkeit war sie eine Unbekannte. Regierungschef Matteo Renzi zog sie der erfahrenen Amtsinhaberin Emma Bonino vor, obwohl sogar Staatschef Giorgio Napolitano an ihrer Kompetenz zweifelte. Seit dem spektakulären Erfolg seiner Demokratischen Partei (PD) bei der Europawahl im Mai warb Renzi hartnäckig dafür, Mogherini zur neuen EU-Außenbeauftragten zu ernennen. Doch es gab viel Gegenwind, vor allem aus Osteuropa. Dort wird befürchtet, die linke Italienerin könne zu russlandfreundlich sein.

Neuer EU-Ratspräsident gesucht

Sigmar Gabriel machte vor dem Sondergipfel deutlich, dass die Sozialdemokraten im Gegenzug zur Unterstützung der Kandidatur Mogherinis keinen Anspruch auf den Posten des EU-Ratspräsidenten erheben werden. Es gebe zwar auch in den Reihen der europäischen Sozialdemokraten "gute Kandidaten" für die Nachfolge von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, sagte Gabriel. Ein Nachfolger solle aber "im Konsens" und ohne "parteipolitische Überlegungen" gefunden werden.

Der Belgier Van Rompuy hat seit Ende 2009 das zuvor neu geschaffene Amt inne. In der Funktion organisierte und leitete der Christdemokrat die EU-Gipfel und lotete vor allem auch während der Schuldenkrise Kompromisse aus - eine wichtige Aufgabe, die Van Rompuy als früherer Regierungschef im chronisch zerstrittenen Belgien meist geräuschlos erledigte, ohne sich ins Rampenlicht zu drängen. Gerade das dürfte den Staats- und Regierungschefs an dem 66-Jährigen gefallen haben, dessen Mandat am 30. November endet.

Wer als EU-Ratspräsident in Frage kommt

Als mögliche Nachfolger gelten der konservative polnische Regierungschef Donald Tusk und bis kurz vor dem Gipfel auch die sozialdemokratische Regierungschefin Dänemarks, Helle Thorning-Schmidt. Thorning-Schmidt schloss allerdings unmittelbar vor dem Gipfel eine Kandidatur als EU-Ratspräsidentin aus. "Ich bin keine Bewerberin. Ich bin Regierungschefin von Dänemark", sagte sie am Samstag nach dem Treffen der sozialistischen und sozialdemokratischen Staats- und Regierungschefs. Nach allgemeiner Einschätzung in Brüssel gilt der konservative polnische Ministerpräsident Donald Tusk jetzt als klarer Favorit. Allerdings: Auch Tusk kommt, wie Thorning-Schmidt, nicht aus einem Euro-Land. Macht er das Rennen, muss auch noch ein neuer Vorsitzender für gesonderte Gipfeltreffen der 18 Staats- und Regierungschefs der Eurozone benannt werden. Bisher leitete ebenfalls Van Rompuy diese Sitzungen, da Belgien zur Währungsunion gehört.

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