Vor erwartetem Militärschlag in Syrien:Auch islamische Staaten fordern "entschiedenes Handeln"

Wann beginnt der internationale Militärschlag gegen Syrien? Nach USA, Großbritannien, Frankreich, der Arabischen Liga fordert nun auch die Organisation für Islamische Zusammenarbeit wegen des Chemiewaffeneinsatzes nahe Damaskus ein "entschiedenes Handeln" gegen die syrische Regierung.

Die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) hat wegen des Chemiewaffeneinsatzes nahe Damaskus ein "entschiedenes Handeln" gegen die syrische Regierung gefordert. Das Generalsekretariat der Organisation, in der 57 muslimische Staaten zusammengeschlossen sind, machte am Mittwoch in einer Stellungnahme die syrische Regierung "rechtlich und moralisch" für "dieses abscheuliche Verbrechen" verantwortlich. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

Neben den USA und Großbritannien bereitet sich auch Israel auf den Ernstfall vor. Ministerpräsident Netanjahu verstärkt die Raketenabwehr und ordnet eine Reservisten-Mobilisierung an. Auch die Nato macht Assad für den Giftgasanschlag verantwortlich.

Israel hat seine Raketenabwehr angesichts eines zu erwartenen Militärschlags gegen Syrien in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt und eine begrenzte Reservisten-Mobilisierung angeordnet. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte am Mittwoch nach einer Dringlichkeitssitzung seines Sicherheitskabinetts: "Die Armee steht bereit zur Verteidigung vor jeglicher Bedrohung und jedem Versuch, den Bürgern Israels Schaden zuzufügen." Man sehe gegenwärtig keinen Grund, die Routine zu verändern, sei aber "auf jedes Szenario" eingestellt.

"Nach israelischer Einschätzung ist die Wahrscheinlichkeit, dass Syrien auf einen Militärschlag westlicher Mächte mit einem Angriff auf Israel reagieren wird, sehr gering", sagte ein Regierungsvertreter. Trotzdem würden eine Reihe von Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Mobilisiert würden Soldaten von Heimatschutz und Raketenabwehr. Gleichzeitig gibt es in Israel einen Ansturm auf Gasmasken. Nach Medienberichte fürchten viele Israelis einen Angriff Syriens mit Chemiewaffen. Eine Serviceline zur Bestellung der Schutzmasken brach deshalb am Mittwoch zusammen.

Moon fordert für UN-Inspektoren mehr Zeit

Auch die Nato macht inzwischen die syrische Regierung für den Einsatz von Chemiewaffen verantwortlich, will aber weiter nicht militärisch in den Konflikt eingreifen. "Jeder Einsatz solcher Waffen ist inakzeptabel und kann nicht unerwidert bleiben", heißt es in einer Erklärung des Nato-Generalsekretärs Anders Fogh Rasmussen vom Mittwoch. Bei einem Brüsseler Treffen der Botschafter der 28 Nato-Länder habe aber Einvernehmen darüber geherrscht, dass die Nato weiterhin keine eigene militärische Rolle im Syrien-Konflikt spiele, sagten Diplomaten.

Diese Haltung könne sich lediglich ändern, falls das Bündnismitglied Türkei aus dem benachbarten Syrien heraus angegriffen werde.

Das Expertenteam der Vereinten Nationen benötigt währenddessen nach Worten des UN-Generalsekretärs Ban Ki-Moon noch vier Tage für die Beendigung und weitere Zeit zur Auswertung der Untersuchung des mutmaßlichen Giftgaseinsatzes bei Damaskus. "Sie arbeiten sehr hart, unter sehr, sehr gefährlichen Umständen." Nach den vier Tagen müssten die Ergebnisse mit Experten analysiert werden und danach könne dem Sicherheitsrat ein Bericht überstellt werden.

Die Inspekteure hatten am Mittwoch ihre Arbeit in dem Bezirk Al-Ghuta Al-Scharkija bei Damaskus fortgesetzt und sich dann auf die Rückfahrt nach Damaskus gemacht. Sie haben nach Bans Angaben bereits "wertvolle Proben gesammelt und Opfer und Zeugen befragt".

Der Sondergesandte der UN und der Arabischen Liga für Syrien, Lakhdar Brahimi, hat einen Giftgaseinsatz, beim vor einer Woche mehrere Hundert Menschen getötet wurden, inzwischen bestätigt. "Es scheint, dass eine Art von Substanz benutzt wurde und dadurch viele Menschen, auf jeden Fall mehr als einhundert, getötet wurden", sagte Brahimi am Mittwoch auf einer Pressekonferenz im schweizerischen Genf. "Einige sprechen von 300 Toten, andere von 600, vielleicht 1000, vielleicht mehr als 1000", führte er aus.

Brahimi mahnte allerdings, für einen möglichen Militäreinsatz in Reaktion auf den Vorfall sei die Zustimmung des UN-Sicherheitsrats nötig. "Das internationale Recht besagt, dass eine Militäraktion nach einer Entscheidung des Sicherheitsrats unternommen werden kann", sagte er.

Ein internationaler Militärschlag gegen Syriens Machthaber Baschar al-Assad steht offenbar kurz bevor. Die erwartete Strafaktion unter Führung der USA könnte nach amerikanischen Medienberichten bereits am Donnerstag beginnen. Auf britischen Wunsch beriefen die Vereinten Nationen noch für Mittwoch eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats ein. Die Chancen, im wichtigsten UN-Gremium praktisch in letzter Minute doch noch zu einer gemeinsamen Linie zu kommen, waren jedoch gering.

Cameron legt Entwurf für UN-Resolution vor

Großbritanniens Premierminister David Cameron wird dem Sicherheitsrat den Entwurf für eine Syrien-Resolution vorlegen. Damit soll das Gremium nach dem Wunsch Großbritanniens "notwendige Maßnahmen zum Schutz von Zivilisten" autorisieren. Eine Annahme der Resolution gilt wegen des russischen Widerstands gegen einen Militärschlag als äußerst unwahrscheinlich.

Die Vetomacht Russland wehrt sich gegen eine schnelle Entscheidung im Sicherheitsrat. Das Gremium solle erst dann über eine Reaktion entscheiden, wenn der Bericht der UN-Chemiewaffenexperten vorliege, sagte Vize-Außenminister Wladimir Titow. Das deutet darauf hin, dass Russland gegen eine entsprechende Resolution stimmen könnte.

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