Vor der Wahl in Russland:"Präsident Putin hat immer recht"

Die Parlamentswahl in Russland im Dezember soll zu einem Putin-Plebiszit werden. Der Präsident tritt als Spitzenkandidat der Partei "Einiges Russland" an. Wer ins Parlament einziehen will, muss hohe Hürden überwinden - drei Parteien hat die Wahlkommission bereits aus dem Rennen genommen.

Daniel Brössler

Wladimir Tschurow, der Leiter der russischen Wahlkommission, ist ein Mann mit gewissen Überzeugungen. Eine davon lautet: "Präsident Putin hat immer recht."

In einem Interview befragt, was geschehe, wenn der Präsident doch einmal irre, entgegnete Tschurow: "Wie kann Putin unrecht haben?" Das Interview liegt schon eine Weile zurück, ist in Russland aber unvergessen. Die oppositionelle Union Rechter Kräfte (SPS) konnte bei ihrer Beschwerde gegen den Parlamentskandidaten Wladimir Putin also nicht allzu optimistisch sein.

Die SPS monierte bei der Wahlkommission, Putin missbrauche sein Amt als Staatspräsident für Wahlwerbung in eigener Sache. Bei der Parlamentswahl am 2. Dezember tritt Putin als Spitzenkandidat der Partei "Einiges Russland" an. Zwar versichert Putins Sprecher Dmitrij Peskow, der Präsident plane keinerlei Wahlkampfauftritte. Doch das braucht er auch nicht.

Das staatlich kontrollierte Fernsehen richtet die Kameras ohnehin hauptsächlich auf den Kremlchef, wie etwa jüngst in einer mehrstündigen Frage-und-Antwort-Sendung. Nach Ansicht Tschurows und seiner Kommission ist das Putins gutes Recht. Die Beschwerde der Opposition lief ins Leere.

Tschurow ist zuständig für den reibungslosen Ablauf einer Wahl, deren Vorbereitungen schon vor Jahren begonnen haben. In einem neuen Wahlgesetz wurden die Hürden für den Einzug ins Parlament beträchtlich erhöht. Nur registrierte Parteien dürfen an den Wahlen teilnehmen. Für die Registrierung wiederum ist eine Mitgliederzahl von mindestens 50.000 nötig. Weil sie diese Anforderung angeblich nicht erfüllten, wurden mehrere Parteien zwangsaufgelöst.

"Eine sehr schwere Entscheidung"

Zugelassen werden außerdem nur Parteien, die eine Kaution von 60 Millionen Rubel (1,7Millionen Euro) hinterlegen oder 200.000 Unterstützer-Unterschriften vorlegen. Befreit davon sind nur bereits in der Staatsduma vertretene Kräfte. Drei Parteien, darunter die Grünen, hat die Wahlkommission aus dem Rennen genommen, weil angeblich mehr als fünf Prozent ihrer Unterstützer-Unterschriften gefälscht waren. "Eine sehr schwere Entscheidung" sei das gewesen, behauptet Tschurow.

Im Ergebnis dürfen nun noch elf Parteien zur Wahl antreten, wobei Putins "Einiges Russland" ein deutlicher Sieg vorausgesagt wird. Putins Hintersassen machen bereits deutlich, es gehe gar nicht um eine Parlamentswahl im eigentlichen Sinne. "Es handelt sich um ein nationales Referendum zur Unterstützung Wladimir Putins", stellt der Parteichef von "Einiges Russland", Boris Gryslow, klar.

"Am 2. Dezember wird die Frage des Führers des Landes entschieden. Dieser Führer muss und wird Wladimir Putin sein." Gryslow spricht damit offen aus, dass die Wahl nur noch der Legitimation des Machterhalts Putins dienen soll. Nach der Verfassung darf dieser bei der Präsidentenwahl im März kein drittes Mal antreten. Im ganzen Land finden nun aber Demonstrationen für eine "dritte Amtszeit" statt, die ohne Billigung aus dem Kreml nicht möglich wären.

Die Zweckentfremdung der Parlamentswahl zu einem Putin-Plebiszit dürfte nur eine Minderheit der Bevölkerung stören. Eine neue Umfrage des Moskauer Lewada-Zentrums zeigt, wie schwer es der parlamentarische Gedanke in Russland hat. Nur 48 Prozent der Russen vertreten demnach die Ansicht, Russland brauche eine Staatsduma. 37 Prozent sind überzeugt, das Leben im Lande könne genauso gut mit Erlassen des Präsidenten organisiert werden.

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