Vor Abstimmung über Griechenland-Rettungspaket:Friedrich will es nicht so gemeint haben

"Ich zweifle überhaupt nicht am Rettungskurs der Kanzlerin": Mit seiner Forderung, Griechenland solle freiwillig aus der Euro-Zone austreten, sorgte Innenminister Friedrich für Irritationen und provozierte barschen Widerspruch von Kanzlerin Merkel. Nun wiegelt der Minister ab - vor der Abstimmung des milliardenschweren Hilfspakets habe er nur "eine Botschaft an die Griechen" senden wollen. Seine Zustimmung stehe aber nicht in Frage.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat seine umstrittenen Äußerungen zu einem Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone relativiert. Das am Nachmittag im Bundestag zur Abstimmung stehende milliardenschwere Hilfspaket sei vorläufig die "beste Alternative", sagte Friedrich vor einer Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfaktion in Berlin. "Sonst würde ich nicht zustimmen."

German Interior Minister Hans-Peter Friedrich speaks to journalists before meeting of CDU parliamentary faction in Berlin

Nach deutlicher Kritik auch von Kanzlerin Angela Merkel: Bundesinnenminister Friedrich relativiert seine Aussagen zur Griechenland.

(Foto: REUTERS)

Der Minister betonte, er zweifle nicht am Kurs der Kanzlerin in Sachen Euro-Rettung. Das zweite Rettungspaket für Griechenland habe "nie zur Disposition gestanden". Friedrich betonte, dass Griechenland in der Euro-Zone saniert werden könne. Allerdings stünden Regierung und Parteien in Athen in der Pflicht, sich nun "mit Volldampf" an die Umsetzung der zugesagten Reformen zu machen.

Mit einer Interview-Äußerung am Wochenende hatte der Innenminister für Aufregung gesorgt. Darin hatte er einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone als besten Weg zur Sanierung des Landes bezeichnet und empfohlen, "Anreize" zu schaffen, damit Athen sich selbst zu diesem Schritt entschließe. Sein Vorschlag stieß auf heftige Kritik - auch von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Der Minister erläuterte nun, er habe mit seinen Äußerungen vom Wochenende eine "Botschaft an die Griechen" senden wollen, dass nicht nur die Euro-Partner, sondern auch die Griechen ihre Verpflichtungen einhalten müssten. Die Griechen müssten wissen: Es gebe auch andere Lösungen "als immer nur zu zahlen", sagte Friedrich.

Kurz zuvor hatte sich Kanzlerin Merkel deutlich vom Vorstoß ihres Ministers distanziert. Merkel teile Friedrichs Einschätzung nicht, ließ sie über Regierungssprecher Steffen Seibert erklären. Seibert stellte klar, dass es eine einheitliche Position der Bundesregierung gebe, die auch mit dem Innenminister abgestimmt worden sei. Im Bundeskabinett habe es keine Diskussionen über etwaige Anreize für einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone gegeben.

Brüderle erwartet nur wenige Abweichler

Auch die CDU-Spitze stellte sich klar hinter das geplante zweite Rettungspaket für Griechenland: Wenn man jetzt keine Hilfe gebe, dann lasse man sich auf "ein unkontrollierbares Abenteuer" ein, sagte Generalsekretär Hermann Gröhe nach einer CDU-Bundesvorstandssitzung in Berlin. Die Kanzlerin habe die vorgesehenen Schritte erläutert und dafür "einmütige Unterstützung" im Führungsgremium bekommen. Dies stimme ihn zuversichtlich, dass sich die Koalitionsfraktionen im Bundestag bei der Abstimmung am späten Nachmittag in "sehr großer Geschlossenheit" dahinterstellen werden.

Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle erwartet nur wenige Abweichler in den eigenen Reihen - er sprach von bis zu fünf Abgeordneten. Die Koalition kann sich insgesamt nur 19 Abweichler erlauben, um die politisch wichtige Kanzlermehrheit zu holen.

Zuvor hatte es in den Reihen von Union und FDP Irritationen über Friedrich gegeben. FDP-Generalsekretär Patrick Döring kritisierte die Äußerungen Friedrichs heftig. "Jetzt bei voller Fahrt die Frage einer Vollbremsung zu diskutieren, eines absoluten Kurswechsels, verunsichert die Märkte mehr als dass es sie stabilisiert", sagte er in Berlin.

Das zweigleisige Fahren der Koalitionspartner - den Maßnahmen zuzustimmen und sie dann im Nachhinein öffentlich zu kritisieren - sei für die FDP nicht akzeptabel. "Wir müssen die Interessen der deutschen Steuerzahler wahren. Und das ist jetzt mehr der Fall als noch vor zwei Wochen und das ist ein wesentlicher Verdienst der Bundesregierung und der FDP."

Westerwelle warnt vor Unbedachtheit

Auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) zeigte sich irritiert. "Ich verstehe die politischen Spekulationen über ein Griechenland außerhalb der Euro-Zone nicht", sagte er der Welt. "Was ausgehandelt und vereinbart ist, sollte gelten, und zwar auf beiden Seiten." Das Hilfspaket habe "nur eine Chance, verlorenes Vertrauen wiederherzustellen, wenn es nicht sofort wieder zerredet wird".

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll Friedrich mit seinen Zweifeln an der Griechenland-Rettung jedoch nicht allein sein. Intern haben demnach auch andere Ressortchefs zu erkennen gegeben, dass sie kaum noch an einen Erfolg der bisherigen Krisenbewältigungsstrategie glauben.

Der Bundestag entscheidet am späten Nachmittag über das zweite, 130 Milliarden Euro umfassende, Rettungspaket für Griechenland. Die Kanzlerin will zunächst eine Regierungserklärung abgeben. Darin soll es auch um den EU-Gipfel am kommenden Donnerstag und Freitag gehen. Dort wird über eine Aufstockung des Euro-Rettungsschirms ESM von 500 auf 750 Milliarden Euro diskutiert. SPD und Grüne knüpften an die Koalitionsmehrheit für das Rettungspaket die Frage der Handlungsfähigkeit der Regierung.

Eine breite Mehrheit für den Rettungsschirm gilt als sicher, da auch SPD und Grüne zustimmen wollen.

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