Vor 30 Jahren: Geiselnahme von Teheran:444 Tage Martyrium

Vor 30 Jahren begann das Geiseldrama in der US-Botschaft in Teheran, das die Welt mehr als ein Jahr in Atem hielt. Es führte Iran in die weltpolitische Isolation - und die USA in ein kollektives Trauma.

Louay Yassin

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Demonstration in Teheran, AP

Quelle: SZ

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Vor 30 Jahren begann das Geiseldrama in der US-Botschaft in Teheran, das die Welt mehr als ein Jahr in Atem hielt. Es führte Iran in die weltpolitische Isolation - und die USA in ein kollektives Trauma.

Es war die öffentlich vorgeführte Demütigung der Weltmacht USA: Am 4. November 1979 stürmten etwa 400 Studenten die Botschaft der USA in Teheran. Sie setzten 90 Mitarbeiter der Botschaft fest und erklärten die 66 US-Amerikaner unter ihnen zu ihren Gefangenen. Schnell sammelten sich mehrere tausend Demonstranten vor der Botschaft. Ihnen und den Fernsehkameras wurden die Geiseln immer wieder mit verbundenen Augen vorgeführt. Die Forderung: die Auslieferung des Schahs.

Antiamerikanische Demonstration vor der US-Botschaft in Teheran. Foto: AP

Khomeini, AP

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Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, inwieweit die iranische Führung in die Geiselnahme involviert war. Immerhin hatte der geistliche Revolutionsführer Ayatollah Ruhollah Chomeini am gleichen Tag eine Erklärung verbreiten lassen, in der es hieß: "Es ist deshalb Sache der lieben Schüler, Studenten und Theologiestudenten, mit aller Kraft die Angriffe gegen die USA und Israel zu verstärken, so dass sie die USA zwingen können, den abgesetzten und kriminellen Schah auszuliefern."

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Schah und Frau, AP

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Mit den Worten "Ich bin müde und brauche eine Pause" hatte sich der im Volk verhasste Schah am 16. Januar 1979 ins Ausland abgesetzt. Im Oktober kam der krebskranke Herrscher in New York an, um sich behandeln zu lassen.

Der Schah mit seiner Frau Farah Diba nach seiner Flucht aus Teheran 1979 in Marokko. Foto: AP

Geiselnehmer, AP

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Chomeini war im Februar 1979 in das Land zurückgekehrt. Auch wenn er die Geiselnahme nicht veranlasst hatte, so kam sie ihm gerade recht, um seine Macht zu festigen. Während die zivile Regierung in Teheran die US-Regierung unter Jimmy Carter noch beschwichtigte und eine baldige Freilassung der Geiseln versprach, schickte Chomeini seinen Sohn zu den Studenten, um ihnen zu gratulieren. Der liberale Premierminister Basargan reichte daraufhin seinen Rücktritt ein.

Ein iranischer Revolutionär hält Wache vor der US-Botschaft. Foto: AP

Demonstration in Teheran, AP

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Teheran glich in dieser Zeit einem brodelnden Kessel. Nach der Flucht des Schahs kämpften verschiedene revolutionäre Gruppen um die Macht. Mit dem Rücktritt von Basargan und seiner Regierung waren die liberaleren Kräfte entscheidend geschwächt. "Der Klerus hat uns völlig verdrängt", erklärte Basargan.

Junge Frauen rufen antiamerikanische Parolen vor der US-Botschaft. Foto: AP

Jimmy Carter, AP

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Die USA reagierten hilflos. Man hatte schon am 5. November die Auslieferung des Schahs abgelehnt. Doch Fernsehbilder von Amerikanern in Geiselhaft und demonstrierenden Iranern zeigten ihre Wirkung. Präsident Jimmy Carter stoppte die Ölimporte aus dem Iran, alle iranischen Guthaben auf US-Banken wurden eingefroren.

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Freigelassene US-Geiseln, AP

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Auf Geheiß von Khomeini entließen die Studenten in Teheran Frauen und Afroamerikaner aus der Geiselhaft, dennoch blieben 52 Menschen in ihrer Gewalt. Es sollte ein 444-tägiges Martyrium mit Schlägen und Scheinerschießungen werden, ehe man sie gegen Lösegeld freiließ.

Foto: AP

US-Geiseln, AP

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Unter den Geiselnehmern war offenbar auch Irans jetziger Präsident Mahmud Ahmadinedschad. "Als ich sein Bild in der Zeitung sah, wusste ich, dass es der Bastard war", sagte 2005 US-Oberst Charles Scott der Washington Times. "Er war einer der zwei oder drei Anführer." Don Sharer, der ebenfalls zu den Geiseln gehörte, erklärte: "Er war extrem grausam."

Bild von einer US-Geisel, die vor der Botschaft von Geiselnehmern vorgeführt wird. Zweiter von rechts soll angeblich Mahmud Ahmadinedschad sein. Foto: AP

US-Botschaft, AP

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Da sich trotz Vermittlung der UN und Klage beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag nichts an der Situation der Geiseln änderte und Teheran kaum Gesprächsbereitschaft zeigte, brachen die USA im April 1980 die diplomatischen Beziehungen zu Iran ab. Bis heute wurden sie noch nicht offiziell wieder aufgenommen.

Reporter an den Absperrungen vor der Botschaft Dezember 1979. In den USA wurde täglich über die Geiselnahme berichtet. Foto: AP

US-Geiseln, AP

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In den USA baute sich ein enormer öffentlicher Druck auf. "Gemessen an der Aufmerksamkeit und den emotionalen Auswirkungen hat kein Ergebnis jener Zeit die Amerikaner so sehr mitgenommen", schreibt der US-Historiker David Farber in seinem Buch über die Krise. Millionen brachten ihre Solidarität mit den Geiseln zum Ausdruck. Sie schrieben Briefe an die Geiseln und ihre Angehörigen. Sie steckten sich gelbe Schleifen als Symbol der Solidarität an. Im Fernsehen verfolgten sie jede Wendung. Die gesamte Nation wurde zur Geisel der Krise.

Die Geiselnehmer nutzten die Bilder für ihre Propaganda: Barry Rosen, einer der Geiseln, wird in der Botschaft von einem Arzt untersucht. Foto: AP

Wrack in der Wüste, AP

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Mitte April ordnete Jimmy Carter eine Befreiungsaktion an, die in der Nacht vom 24. zum 25. April 1980 durchgeführt wurde. "Operation Adlerklaue" war allerdings so schlecht ausgearbeitet, dass sie zum Fiasko geriet und zur militärischen Blamage für die USA wurde. Einige Transportflugzeuge und Hubschrauber gerieten bei der Landung in der Großen Salzwüste (Dasht-e Kavir) im Südosten Irans in einen Sandsturm. Zwei Hubschrauber fielen sofort aus. Ein dritter wurde bei der Landung beschädigt.

Das Wrack eines US-Flugzeugs nach der missglückten Landung in der iranischen Wüste. Foto: AP

Überführung der getöteten Soldaten, AP

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Daraufhin wurde die Mission abgebrochen. Beim Start kollidierte ein Hubschrauber mit einem Flugzeug und stürzte ab. Acht US-Soldaten fanden den Tod. Man ließ sie und das Gerät im Sand zurück. Die Aktion wurde zum Sinnbild der Krise der Weltmacht, verspottet von den Demonstranten und Machthabern Irans.

Am 6. Mai 1980 wurden die Leichen der bei der missglückten Befreiungsaktion getöteten US-Soldaten in die USA überführt. Foto: AP

Demonstration in Teheran, AP

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In der aufgeputschten Stimmung in Teheran wurde die Formel "Tod für Amerika" zur tragenden Säule des Systems. Sie ermöglichte es der religiösen Machtelite, alle liberaleren oder nichtreligiösen Strömungen zu unterdrücken. In Universitäten, Schulen und der Armee fanden Säuberungen statt, denen Tausende missliebige Beamte und Offiziere zum Opfer fielen.

Protest gegen die USA und den Schah in Teheran. Foto: AP

Khomeini, AFP

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Bewegung in die Verhandlungen über die Geiseln kam erst wieder, als der Schah im Juli 1980 starb. Nachdem sich Komeini weitgehend aller Widersacher entledigt hatte, ließ in Teheran das Interesse an den Geiseln nach. Zudem hatte die religiöse Machtelite andere Probleme, da der Irak in Iran einmarschiert war.

Demonstration in Teheran. Foto: AFP

Reagan, AFP

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In den USA war die Stimmung spätestens seit der missglückten Kommandoaktion in der iranischen Wüste gekippt und hatte sich gegen Jimmy Carter gewandt. Trotz aussichtsreicher Verhandlungen mit Iran verlor er am 4. November 1980 die Wahl gegen Ronald Reagan.

Ronald Reagan kurz bei einem Wahlsieg am 4. November 1980. Foto: AP

US-Geiseln, AP

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Am Tag von Reagans Vereidigung, dem 20. Januar 1981, entließ Iran die Geiseln und bekam dafür eingefrorene Gelder in Höhe von fast acht Milliarden US-Dollar zurück. "Jetzt brauchen wir sie nicht mehr", bemerkte Khomeini zur Freilassung.

Ankunft der US-Geiseln auf der Rhein-Main U.S. Air Force Base in Frankfurt am 21. Januar 1981. Foto: AP

US-Geiseln, AP

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Bei der Rückkehr in die USA wurden die Botschaftsgeiseln in Washington von Hunderttausenden Menschen gefeiert.

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