Süddeutsche Zeitung

Europäische Union:JU-Vorsitzender Kuban kritisiert Verfahren zur Wahl von der Leyens

  • Dass Verteidigungsministerin von der Leyen und nicht CSU-Mann Weber EU-Kommissionspräsident werden soll, ist für die Junge Union noch ein Problem.
  • Das jetzige Verfahren wird unserem Anspruch an ein demokratisches Europa nicht gerecht", moniert der JU-Vorsitzende Tilman Kuban.
  • Er fordert: "Nach der nächsten Europawahl muss Kommissionspräsident werden, wer als Sieger aus der Wahl hervorgeht"

Von Daniel Brössler, Berlin

Vor der für Dienstagabend angesetzten Abstimmung im Europäischen Parlament ist aus Sicht von CDU und CSU eigentlich alles klar: Ursula von der Leyen soll Präsidentin der Europäischen Kommission werden. Ganz verarbeitet ist der rasante Schwenk des Gipfels von Brüssel, das vorläufige Ende des Spitzenkandidaten-Prinzips und die neue Karriere einer in der Union nicht unumstrittenen Verteidigungsministerin aber noch nicht. Wer etwa auf der Homepage der Jungen Union nachschaut, findet dort immer noch das Bild eines strahlenden Manfred Weber im Kreise enthusiastischer junger Wahlkämpfer. "Danke für Euren Einsatz", steht da.

Dass dieser Einsatz nicht dazu geführt hat, dass der CSU-Mann Weber als siegreicher Spitzenkandidat nun Kommissionspräsident werden kann, ist für die Junge Union und ihren Vorsitzenden Tilman Kuban durchaus noch ein Problem. "Ein demokratisches Europa lebt von -Köpfen, die im Wahlkampf präsentiert werden. Deshalb wird das jetzige Verfahren unserem Anspruch an ein demokratisches Europa nicht gerecht", monierte er im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. Der 32-Jährige, der seit März JU-Vorsitzender ist, hatte selbst für einen Sitz im EU-Parlament kandidiert; sein Listenplatz hatte aber knapp nicht gereicht.

"Wir brauchen jetzt eine klare Botschaft für das Spitzenkandidaten-Prinzip. Dafür muss es eine Vereinbarung zwischen Rat und Parlament geben. Nach der nächsten Europawahl muss Kommissionspräsident werden, wer als Sieger aus der Wahl hervorgeht", fordert Kuban. Das, lobt er, habe sich von der Leyen "auf die Fahne geschrieben".

Kuban voll des Lobes für von der Leyen

Auch ansonsten ist Kuban voll des Lobes für die Kandidatin. "Ursula von der Leyen ist eine überzeugte Europäerin. Sie bringt vor allem viel diplomatisches Geschick auf internationaler Bühne mit. Ich habe Ursula von der Leyen immer als prinzipientreue und sehr durchsetzungsstarke Ministerin erlebt", sagt er. Das ist insofern bemerkenswert, als Kuban bisher eindeutig nicht zum Fanclub der Ministerin gehört hatte. Es dürfe nicht sein, "dass die Verteidigungsministerin mehr Kinder hat als fliegende Flugzeuge", schimpfte Kuban noch vor ein paar Monaten. Nun sieht er das milder: "Man muss nicht mit allem einverstanden sein, was sie an Reformen angestoßen hat, aber sie hat in drei Ministerien klare Ausrufezeichen gesetzt und Reformen angestoßen. Das Verteidigungsministerium ist sicherlich eines der am schwersten zu führenden Ministerien". Außerdem seien "Kommissionspräsidentin und Verteidigungsministerin ganz unterschiedliche Aufgaben".

Scharfe Kritik äußert Kuban an der SPD, die im EU-Parlament gegen die Wahl von der Leyens wirbt. "Was die SPD im Moment im Europaparlament betreibt, ist unwürdig und schadet nicht nur dem Ansehen der SPD", sagt er. Es sei "schlimm mit anzusehen, wie die SPD versucht sich selbst zu therapieren und dabei von einem Debakel ins Nächste stolpert". Ganz Europa schüttele den Kopf über die SPD und die deutsche Bundesregierung. "Das hat mit Regierung nichts mehr zu tun", meint Kuban. Nur begrenztes Verständnis hat er allerdings auch dafür, dass Bundeskanzlerin Merkel zwischenzeitlich bereit zwar, den niederländischen Sozialdemokraten Frans Timmermans zum Kommissionspräsidenten zu machen. "Die Bundeskanzlerin hat nach einer Lösung gesucht, das kann ich verstehen. Dass man allerdings den Wahlverlierer dann zum Spitzenmann machen will, das kann ich nicht nachvollziehen", sagt er. Jetzt müsse die Union deutlich machen "dass wir Manfred Weber auch in den nächsten Jahren in führender Funktion brauchen". Dieser habe einen "hervorragenden Wahlkampf gekämpft".

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