CDU:Von der Leyen, die große Solistin

Verteidigungsministerin von der Leyen im Niger

Ursula von der Leyen besucht am Montag im "Camp Allemand" in Nigers Hauptstadt Niamey ein Fitnesscenter für die Bundeswehr.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Die Verteidigungsministerin galt lange als mögliche Nachfolgerin von Kanzlerin Merkel. Doch inzwischen ist klar: Sie ist raus aus dem Rennen.

Von Mike Szymanski, Bamako

Wenn die Dinge im Leben von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen anders verlaufen wären, würde sie jetzt vielleicht in einer Schützenhalle irgendwo in Deutschland ausführen, was sie mit der CDU vorhat. So hat es jedenfalls Friedrich Merz gemacht. Oder sie hätte ein Bewerbungsvideo über sich drehen lassen, so wie Jens Spahn, mit kurzen Szenen und großen Schlagworten. Oder sie hätte versucht, einen Neuanfang ohne Bruch mit der Vergangenheit zu erklären. Das ist der Weg von Annegret Kramp-Karrenbauer.

Auf Ursula von der Leyen, 60 Jahre alt, wartet aber stattdessen nur ein schwarzer Ledersessel im staubigen, roten Sand von Niger, Westafrika. Um 18.05 Uhr kommt das Signal über Funk. "Der Konvoi rollt." Die Ministerin ist unterwegs.

In Berlin erlebt die Union ihren aufregendsten Umbruch seit Jahrzehnten. Und von der Leyen ist nicht dabei. Die Bundesverteidigungsministerin ist im Auslandseinsatz, auf Truppenbesuch. Wer hätte das vor ein paar Jahren noch gedacht? Ausgerechnet Merkels Ehrgeizigste.

"Mir ist die Truppe ans Herz gewachsen", hatte sie nach dem Jamaika-Aus vor einem Jahr gesagt, als sie nach ihren Ambitionen gefragt worden war. Merkel war geschwächt, damals schon. Und von der Leyen sagte: "Meine Kanzlerin heißt Angela Merkel." Zur Wahrheit gehört genauso: Merkels Wunschnachfolgerin heißt Annegret Kramp-Karrenbauer. Und Merz und Spahn versuchen, gegen Merkels Willen ihr Erbe an sich zu reißen. Als im Oktober in Bayern und Hessen neue Landesparlamente gewählt wurden, ging von der Leyen auf politische Weltreise, mit Stationen in Australien und China. Spätestens da war klar: Von der Leyen ist raus.

Beim dreitägigen Truppenbesuch der Ministerin in Niger und Mali lässt sich beobachten, was die CDU auch hätte bekommen können: Eine äußerst erfahrene, im internationalen Geschäft sicher auftretende Ministerin. Von Niger aus unterstützen die Deutschen ihre Soldaten im Nachbarland Mali per Lufttransport. Das Land war 2012 von Islamisten überrannt worden. Von der Leyen übergibt heute die erste Tranche von 53 Lastern dem Verteidigungsminister von Niger. Man betrachtet einander als "Premiumpartner": Einen Sessel für von der Leyen, einen für ihren Amtskollegen.

Ihr Verhältnis zur Truppe ist angespannt, dabei hätte sie Erfolge vorzuweisen

Sie trägt in fließendem Französisch vor, was ihr Gesprächspartner hören möchte. Niger sei Teil der europäischen Nachbarschaft, die vor "unendlich großen Problemen" stehe. Und Deutschland sei bereit zu helfen. Tags drauf, ihre Delegation ist nach Mali weitergereist, spricht sie morgens in Bamako zu Parlamentariern aus Mali und vier Nachbarstaaten, die ihre Probleme als Allianz in den Griff bekommen wollen - als Sahel-G 5.

Ihnen spricht von der Leyen Mut zu, angesichts der Probleme wie Hunger, Armut, Terrorismus nicht zu verzagen. Und nach dem Treffen mit dem malischen Premier Soumeylou Boubèye Maïga macht sie keinen Hehl daraus, dass ihr der Friedensprozess nicht schnell genug vorankommt. "Die Menschen wollen Fortschritte sehen", sagt sie. Als Verteidigungsministerin hat von der Leyen auf internationaler Bühne deutlich an Statur gewonnen.

Schon 2005 hatte die Kanzlerin die Politikerin aus Niedersachsen als Familienministerin zu sich nach Berlin geholt. Später wurde sie Arbeitsministerin. Von der Leyen kann jederzeit politisch den großen Aufschlag hinlegen: Ob Einführung des Elterngeldes oder Krippenausbau - an Merkels Modernisierungskurs hat sie maßgeblich mitgewirkt. Nur: Eine Hausmacht in der CDU aufzubauen, das hat sie immer versäumt. Auch das ist Ursula von der Leyen eben, eine große Solistin.

Rechte Umtriebe belasten das Verhältnis von der Leyens zur Truppe

Als Merkel sie 2013 als erste Frau an die Spitze des Verteidigungsministeriums setzte, war klar: Das dürfte wohl noch nicht das Karriereende der Politikerin sein. Wie sich dann aber herausstellte, hat Merkel ihr mit der Reform der maroden Truppe 2013 eine so große Aufgabe aufgetragen, dass sie von der Leyen faktisch aus dem Rennen um ihre Nachfolge nahm.

Unter von der Leyens Vorgängern war die Truppe systematisch kaputtgespart worden. Aus der Bundeswehr wieder eine moderne, funktionierende Truppe zu machen, das braucht mehr Zeit, als von der Leyen sich sonst gibt, um Erfolge vorweisen zu können. Dass Merkel sie bei der Regierungsbildung Anfang 2018 im Verteidigungsministerium belassen hat, liegt auch daran, dass ein Neuer, eine Neue nur eine gigantische Baustelle vorgefunden hätte.

Von der Leyens Verhältnis zur Truppe ist auch nicht unbelastet, seitdem sie nach rechten Umtrieben der Bundeswehr ein Haltungsproblem unterstellte. Was dabei untergeht: Von der Leyen hat es geschafft, dass wieder viel mehr Geld in die Bundeswehr investiert wird. Für Ausrüstung sind jetzt wieder mehr Mittel da, und die zuletzt arg geschrumpfte Truppe wächst sogar wieder. Müsste von der Leyen vor der CDU-Basis für sich werben, sie stünde nicht mit leeren Händen da.

Wäre da nicht der Einsatz von externen Beratern in ihrem Ministerium, der ihr zu schaffen macht. Deren Einfluss hat unter von der Leyen stark zugenommen, der Berater-Einsatz ist außer Kontrolle geraten. Längst ist von einer Affäre die Rede. Einen Wahlkampf um den CDU-Vorsitz hätte dies sicher belastet. In Mali und Niger - weit weg von Berlin - interessiert sich dafür aber gerade niemand.

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