"Der Ausgezeichnete schweigt", sagt Volker Kauder. Und diese Zurückhaltung ist typisch dafür, wie sich der langjährige Unionsfraktionschef seit seinem Ausscheiden aus dem Bundestag verhält: Er lässt sich in Berlin kaum noch blicken. Doch jetzt wird er doch noch einmal im Rampenlicht stehen. Der Bundespräsident will ihn an diesem Montag mit dem "Großen Verdienstkreuz mit Stern" auszeichnen, an der Zeremonie wird auch der Bundeskanzler teilnehmen. Zu der Ordensverleihung möchte Kauder nichts sagen. Aber wenn man ihn fragt, was er seit seinem Ausstieg aus der Politik denn so mache, kommt er doch ins Erzählen.
Kauder war von 2005 bis 2018 - und damit länger als jeder seiner Vorgänger - Chef der Unionsfraktion und in all den Jahren eine der wichtigsten Stützen Angela Merkels. Seine Abwahl im September 2018 wurde auch als Zeichen für den Autoritätsverfall der Kanzlerin in der Union gewertet. Einen Monat nach Kauders Niederlage kündigte Merkel ihren Rückzug vom CDU-Vorsitz an.
Kauder engagiert sich jetzt für die Paulskirche und die Kohl-Stiftung
Inzwischen ist Kauder 72 Jahre alt. Er sei jetzt Chef einer Expertenkommission zur Zukunft der Paulskirche und Vorsitzender des Kuratoriums der Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung, sagt Kauder. Mit der Kohl-Stiftung bereite er gerade eine Ausstellung in Berlin vor. Dabei solle es nicht nur um das Andenken an den früheren Kanzler und seine großen politischen Entscheidungen gehen. Man wolle auch Kohls Kernthese, "Europa ist ein Friedensprojekt", in die heutige Zeit tragen.
Bundestag:Der Proporzorden
Auch Abgeordnete bekommen das Bundesverdienstkreuz? Womit sie das verdienen? Das ist nicht immer klar. Sicher ist aber, dass es bei der Auswahl auch auf die Stärke ihrer Fraktionen ankommt.
Bei seiner Arbeit für die Frankfurter Paulskirche gehe es darum, zu zeigen, dass Demokratie erkämpft und immer wieder verteidigt werden müsse, sagt Kauder. "Unsere Demokratie ist eine sehr puristische Demokratie - sie hat sehr wenig Möglichkeiten, sich zu präsentieren." Orte der Demokratiegeschichte wie die Paulskirche seien deshalb wichtig.
Die Paulskirche ist seit dem Wiederaufbau nach dem Krieg ein ziemlich schlichter Versammlungsort. Besucher seien deshalb oft enttäuscht, sagt Kauder. Es gehe jetzt darum, wie man das Gebäude am besten verändere. Außerdem solle neben der Paulskirche ein "Haus der Demokratie" geschaffen werden, in dem es auch Räume für Seminare und vieles andere gebe. Im kommenden Jahr, dem Gedenkjahr 175 Jahre deutsche Nationalversammlung, werde dann auch der Bundespräsident in die Paulskirche kommen.
Die politischen Wege Steinmeiers und Kauders haben sich immer wieder gekreuzt
An diesem Montag wird Frank-Walter Steinmeier aber erst einmal im Schloss Bellevue das Große Verdienstkreuz mit Stern an Kauder verleihen - das ist eine hohe Stufe des Bundesverdienstkreuzes. Im vergangenen Jahr wurde das Bundesverdienstkreuz 1111 Mal vergeben, aber nur 24 Mal in der Stufe, die Kauder jetzt zuteilwerden soll. Bei der Verleihung wird Steinmeier auch eine Ansprache auf den ehemaligen Unionsfraktionschef halten. Dabei wird der Bundespräsident aus dem Vollen schöpfen können. Denn die beiden kennen sich schon lange, ihre politischen Wege haben sich immer wieder gekreuzt.
2005 war Kauder als CDU-Generalsekretär für den Bundestagswahlkampf seiner Partei verantwortlich. Die Union wollte damals die rot-grüne Bundesregierung ablösen, in der Steinmeier Kanzleramtschef war. Nach der Wahl fanden sich die beiden dann in einer gemeinsamen Koalition wieder - Steinmeier als Außenminister, Kauder als Unionsfraktionschef. Nach der Bundestagswahl 2009 trennten sich die Wege: Steinmeier wurde SPD-Fraktionschef - und damit Oppositionsführer gegen eine schwarz-gelbe Koalition, in der Kauder weiterhin die Unionsfraktion führte.
Nach der Bundestagswahl 2013 waren die beiden dann erneut gemeinsam in einer Koalition: Steinmeier wieder als Außenminister und Kauder immer noch als Fraktionschef. 2017, bei der ersten Wahl Steinmeiers zum Bundespräsidenten, erklärte Kauder, dass Steinmeier "aus voller Überzeugung" auch Kandidat der Union sei - und er fest davon ausgehe, dass Steinmeier bereits im ersten Wahlgang gewählt werde. So kam es dann auch. Seitdem ist Steinmeier Bundespräsident.