Völkermord:Tag der Trauer

Screbrenica gedenkt der Opfer des Massakers von 1995. Viele Wunden bleiben in dem Dorf, noch immer ist die Arbeit der Forensiker nicht abgeschlossen.

Von Nadia Pantel

An jedem 11. Juli reißen in Srebrenica die Wunden wieder auf. Dann wird in der Stadt in Bosnien und Herzegowina daran erinnert, dass die bosnisch-serbische Armee hier 8000 Männer tötete, darunter Greise und Kinder. Es dauerte Wochen, bis das Ausmaß des Massakers international bekannt wurde. Bis klar wurde, wie weit der Armee-Führer Ratko Mladić und sein politischer Vordenker Radovan Karadžić gegangen waren bei ihrem Versuch, ein "Großserbien" zu erschaffen. Und wie vollkommen die Blauhelme der Vereinten Nationen, die die Zivilisten hätten schützen sollen, versagt hatten.

In diesem Jahr jährt sich das Massaker an den Zivilisten in Srebrenica zum 21. Mal. 127 Leichen wurden am Montag auf dem Friedhof am Ortsausgang von Srebrenica beerdigt. Die bosnisch-serbischen Soldaten hatten die Toten verstümmelt und in geheimen Massengräbern verscharrt, sodass manche Angehörige bis heute darauf warten, die Leiche ihres Sohnes, Ehemanns, Onkels oder Großvaters zu bestatten. Forensiker müssen die Toten erst finden und identifizieren.

Doch nicht nur die Arbeit der Forensiker ist nicht abgeschlossen. Auch der politische Konflikt ist es nicht. Der bosniakische Bürgermeister von Srebrenica hat in diesem Jahr den Wunsch geäußert, dass keine serbischen Politiker zu der Gedenkfeier kommen mögen. Serbiens Premier Alekasandar Vučić reagierte verstimmt. Er wollte einen Kranz niederlegen, obwohl er im vergangenen Jahr in Srebrenica mit Flaschen und Steinen beworfen worden war. Zudem hat er der armen Gemeinde im vergangenen Herbst, nach den Steinwürfen, fünf Millionen Euro zukommen lassen.

Eine kleinliche Ausladung also? Eher die Reaktion darauf, dass sich Serbien mit Unterstützung von Russland weigert, die Taten von Srebrenica als Völkermord anzuerkennen. Und dass in Serbien dieselben Männer das Sagen haben wie zu Zeiten des Krieges. Und dass diese Männer zwar auf internationaler Bühne die Morde an den Muslimen verurteilen, in Serbien aber stets betonen, dass man die serbischen Opfer nicht kleinreden dürfe.

Doch tatsächlich ist es die Zahl der muslimischen Opfer, die lange kleingeredet wurde: Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien schätzt, dass von den 36 700 zivilen Opfern des Bosnienkrieges 25 609 Menschen bosnische Muslime waren.

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