Videospiele:Unter Generalverdacht

Nach der Tat in Halle will Bundesinnenminister Seehofer Gamer stärker ins Visier nehmen. Ein unsinniger Vorschlag. Niemand tötet, weil er Computerspiele spielt. In der Debatte um Killerspiele gerät das eigentliche Problem aus dem Blick.

Von Simon Hurtz

In Deutschland gibt es ein Problem mit Rechtsextremismus und Antisemitismus. Das hat der Terroranschlag in Halle erneut gezeigt. Innenminister Horst Seehofer meint, eine dritte Gefahr erkannt zu haben: Computerspiele. Da viele Täter aus der Gamer-Szene kämen, müsse man diese "stärker in den Blick nehmen". Tatsächlich spielen viele Terroristen Videospiele - was sie mit 34 Millionen anderen Menschen in Deutschland verbindet. Seehofers Generalverdacht ist unsinnig. Man könnte ebenso gut fordern, Männer "stärker in den Blick zu nehmen"; 100 Prozent der Attentäter sind männlich.

Dennoch ist die Gamifizierung von Terror und Gewalt eine Gefahr. Junge Männer, viele von ihnen frustriert, vernetzen sich auf Gaming-Plattformen. Für ihre Probleme machen sie Frauen, Juden, Ausländer verantwortlich. Der Tonfall ist rau bis menschenverachtend, selbst Aufrufe zu Gewalt bleiben unwidersprochen. Spiele-Plattformen wie Steam ignorieren das Problem und lassen den Hass wuchern.

Mit dem Medium Videospiel an sich hat das aber nichts zu tun, es betrifft nur einen kleinen Teil der Szene. Niemand tötet, weil er Computerspiele spielt. Es braucht daher keine neue Killerspiel-Debatte, sondern eine differenzierte Diskussion über Rassismus, Judenhass und Frauenverachtung, die sich an bestimmten Orten im Netz ausbreiten.

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