Berlin (dpa) Die Digitalisierung der Verwaltungsdienstleistungen in Deutschland kommt langsamer als versprochen voran. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor.
Demnach ist es unwahrscheinlich, dass besonders häufig angefragte Dienstleistungen, wie von Bund und Ländern in Aussicht gestellt, bis Ende 2022 online erledigt werden können. Dazu gehören Verwaltungsvorgänge wie die Anmeldung eines Wohnsitzes, eine Eheschließung, die Beantragung eines neuen Personalausweises, die An- und Ummeldung eines Kraftfahrzeuges oder das Ausstellen einer Meldebescheinigung. Zuerst hatte das ARD-Hauptstadtbüro darüber berichtet.
Bund und Länder hatten eigentlich fünf Jahre Zeit, um ihre Verwaltungsdienstleistungen zu digitalisieren. Dazu sollte das Onlinezugangsgesetz (OZG) dienen, das im August 2017 vom Bundestag beschlossen wurde. Es gab den Ländern fünf Jahre Zeit, alle 575 Verwaltungsdienstleistungen zu digitalisieren und online anzubieten.
Da sich bereits Anfang 2022 abzeichnete, dass dieses Ziel bis zum Jahresende nicht zu erreichen war, hatten sich Bund und Länder im Mai darauf geeinigt, dass bis Ende des Jahres immerhin 35 besonders relevante Verwaltungsdienstleistungen (Booster-Leistungen) online nutzbar sein sollen. Die aktuelle Antwort der Bundesregierung legt allerdings den Rückschluss nahe, dass selbst dieses abgespeckte Ziel nicht zu schaffen ist. In dem Schreiben des Bundesinnenministeriums heißt es, dass bislang nicht mal die Hälfte der geplanten 35 „Booster“-Dienste für Bürgerinnen und Bürger umgesetzt sind.
Die digitalpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Anke Domscheit-Berg, warf den Regierungen im Bund und den Ländern vor, bei der Digitalisierung falsche Schwerpunkte zu setzen. So stehe die Beantragung eines Waffenscheins auf der Liste der Verwaltungsdienstleistungen, die mit Hochdruck umzusetzen seien. Bund, Länder und Kommunen müssten sich aber vielmehr auf die Bereiche fokussieren, die tatsächlich relevant seien, beispielsweise die Möglichkeit, den Wohnsitz digital umzumelden.
Domscheit-Berg kritisierte außerdem, dass es keine zentrale Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger gebe, wo man den Stand der Digitalisierung bis auf einzelne Kommunen heruntergebrochen sehen könne. Das existierende „Dashboard“ zum Stand der Digitalisierung sei fehlerhaft und unvollständig.
© dpa-infocom, dpa:220824-99-500099/2