Zur Begrüßung gibt es, was sonst, einen Tweet. Er wolle versuchen, Donald Trump "zu überzeugen, dass Euro-Atlantiszismus den Versuch der Zusammenarbeit der freien Welt bedeutet, um eine post-westliche Weltordnung zu verhindern", twittert EU-Ratspräsident Donald Tusk. Es ist dies eher nicht die Sorte Tweet, von der man annehmen darf, dass sie Trump unmittelbar einleuchtet. Tusk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker haben am Donnerstagvormittag genau eine Stunde, um etwas anschaulicher zu machen, warum die Europäische Union und die Vereinigten Staaten auch künftig zusammenarbeiten sollen. Sie empfangen im Ratsgebäude erstmals den Mann, der den Brexit als "großartig" bezeichnet hat. Die Mitarbeiter haben Zahlen und Fakten vorbereitet. Zum Beispiel, dass die Jobs von 3,8 Millionen Amerikanern direkt von Investments aus der EU abhängen.
Auch die Nato hat sich gerüstet für den ersten Besuch von US-Präsident Donald Trump. "Wir sind Verbündete. Wir sind vereint. Wir sind Nato", ist großen Plakaten zu entnehmen. Der letzte Satz ist mit einem Hashtag versehen, damit man auch bei Twitter nachschauen kann, was das bedeutet. Trump wird an diesem Donnerstag mit den Staats- und Regierungschefs aller Nato-Staaten dinieren und beim Essen Bekenntnisse zu einer gerechteren Lastenteilung und zum Beitrag der Allianz im Anti-Terror-Kampf entgegennehmen. Im Erfolgsfall darf Trump glauben, dass er die "obsolete" Nato repariert hat. Die anderen wären wohl schon mit dem Gefühl zufrieden, dass die Botschaft der neuen Werbekampagne bei Trump verfangen hat.

Vor dem Nato-Gipfel:Militärsache Klimawandel
Auf dem Nato-Gipfel in Brüssel bietet sich die Gelegenheit, über die Folgen der Erderwärmung für die Sicherheit zu sprechen. Aber mit einem Klimaskeptiker als US-Präsidenten ist das schwierig.
Es geht - wieder - um die Verteidigungsausgaben
Zentral ist dabei die Frage des Geldes. Trump hat sich über die geringen Verteidigungsausgaben der Verbündeten beklagt und Deutschland gar angebliche Riesenschulden bescheinigt. Beim Treffen, das von der Nato wegen seiner Kürze nicht Gipfel genannt wird, soll nun ein Beschluss aus dem Jahr 2014 bekräftigt werden. In Wales hatten die Nato-Staaten Maßnahmen vereinbart, "die darauf abzielen, sich innerhalb von zehn Jahren auf den Richtwert von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zuzubewegen". Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hält das zwar für ein "sehr klares politisches Bekenntnis", doch genau das ist in Deutschland - wo der Anteil bei etwa 1,2 Prozent liegt - koalitionsintern umstritten. Anders als Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel bezeichnet Außenminister Sigmar Gabriel von der SPD das Ziel als "völlig unrealistisch" - was bei der Nato mit Sorge registriert wird.
"Auf Deutschland kommt es wirklich an, denn Deutschland ist die größte Volkswirtschaft in Europa", sagte Stoltenberg der Süddeutschen Zeitung. Es gehe "nicht darum, morgen zwei Prozent des BIP auszugeben. Es geht darum, die Einschnitte zu stoppen und schrittweise zu erhöhen und sich innerhalb eines Jahrzehnts auf zwei Prozent zuzubewegen". Und das tue Deutschland ja. Überdies stehe das Zwei-Prozent-Ziel nicht zur Diskussion.
Tatsächlich neu ist etwas anderes. Der vereinbarte Beschluss setzt die Mitgliedstaaten stärker Druck, den Zusagen auch Taten folgen zu lassen. Zum Ende jedes Jahres sollen sie in nationalen Berichten darlegen, wie sie die Ziele in den jeweiligen Folgejahr zu erreichen gedenken. Dabei geht es nicht nur um die zwei Prozent, sondern um die drei C: Cash, Capabilities, Contributions - also darum, wie viel Geld in Verteidigung fließt, über welche Fähigkeiten das jeweilige Militär verfügt und was es zu Missionen und Aufgaben der Nato beiträgt. Bei der jeweils im Februar stattfindenden Tagung der Nato-Verteidigungsminister soll dann über die Fortschritte diskutiert werden.
Mit der Einführung der Fortschrittsberichte kommen die Nato-Partner einer Forderung der USA entgegen. Verteidigungsminister James Mattis hatte im Februar gewarnt, alle müssten mehr für die Verteidigung tun, wenn sie kein nachlassendes Engagement der USA riskieren wollten und Pläne bis Jahresende verlangt.
Nato tut Trump mit dem Beitritt zur Anti-IS-Koalition einen Gefallen
Länger als über die Lastenteilung wurde bei der Nato über die zweite große Forderung der USA gestritten - den Beitrag zum Anti-Terror-Kampf. Die USA wollen, dass die Nato der Koalition gegen die Terrormiliz Islamischer Staat beitritt. Zwar sind alle Nato-Staaten in der Koalition. Vor allem Frankreich und Deutschland haben sich bisher aber dagegen gesperrt, dass das Bündnis als Ganzes beitritt. Am Ende aber entschloss man sich, Trump den Gefallen zu tun. Am Morgen kann Stoltenberg den Beitritt der Nato zur Koalition verkünden. "Das ist sowohl eine starke politische Botschaft als auch ein Werkzeug für die Praxis", sagt er. Die Nato werde den Einsatz ihrer Awacs-Überwachungsflugzeuge ausweiten und sich bei Luftbetankung engagieren.
Auch hier war die Konfliktlinie mitten durch die Berliner Koalition verlaufen. Bei einem Besuch von Stoltenberg Mitte Mai signalisierte Merkel Unterstützung, im Gespräch mit SPD-Abgeordneten hörte der Nato-Mann Skepsis. Ein Kampfauftrag wäre mit dem Beitritt zur Koalition keinesfalls verbunden, versichert Stoltenberg. Außerdem verkündet er die Berufung eines Nato-Koordinators für den Anti-Terror-Kampf.
Wenn alles gut läuft, will Stoltenberg die Pläne zur Lastenteilung und zum Anti-Terror-Kampf nicht nur abnicken lassen, sondern auch eine gemeinsame schriftliche Erklärung herausgeben. Offiziell geplant ist aber bisher nur, dass Stoltenberg auf einer Pressekonferenz verkündet, worin man sich einig ist. Die bei Gipfeln übliche viele Seiten lange und äußerst detaillierte Abschlusserklärung wird es jedenfalls nicht geben. Im Mittelpunkt steht ohnehin die Symbolik mit der Übergabe des neuen Hauptquartiers durch Belgien an die Nato. Trump enthüllt überdies ein Fragment des zerstörten World Trade Centers, Merkel ein Stück Berliner Mauer.
Anders als zwischenzeitlich geplant bringt Merkel Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Außenminister Gabriel mit. Gabriel kommt deshalb früher von einer Asien-Reise zurück. Beim Nato-Treffen mit Trump möchte der SPD-Mann das Duo von der CDU dann doch lieber nicht alleine lassen.