Süddeutsche Zeitung

Verteidigungsministerium:Die Ministerin und die Generäle

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Bei der Bundeswehr finden sie es ziemlich gut, dass Annegret Kramp-Karrenbauer zumindest in ihrem Regierungsamt bleiben will.

Von Mike Szymanski

Als Annegret Kramp-Karrenbauer Verteidigungsministerin wurde, da sagte ein General, sie müsse nun beweisen, ob sie "den Rücken breitmachen" könne. Sie werde fortan daran gemessen werden, ob es ihr gelingt, die Ausrüstungsmängel abzustellen und weitere Milliarden für den Wehretat zu besorgen. Kramp-Karrenbauer wusste zwar nicht viel über die Bundeswehr. Was ihr aber in der Lage helfen sollte, das war ihr schon klar: Ihr Amt als Parteivorsitzende der CDU werde ihr "das zusätzliche politische Gewicht" verleihen, um kraftvoller für die Belange der Bundeswehr eintreten zu können, sagte sie ein ums andere Mal.

Dies galt bis Montag, 10. Februar. Seither ist klar, dass diese Kraft schwindet. Vom CDU-Vorsitz wird sich Kramp-Karrenbauer in den nächsten Monaten zurückziehen. Der Truppe bleibt eine CDU-Politikerin als Ministerin, die als Parteivorsitzende gescheitert ist. Kann das gut gehen?

Das fragt man sich auch im Ministerium und unter den Fachpolitikern. Klar, heißt es, ihre Rückzugsentscheidung schwäche sie auch im Ministeramt. Ihre Chance liege jetzt aber woanders. Sie könne nun zeigen, dass die Bundeswehr für sie mehr ist als nur ein Instrument, um auf dem Weg ins Kanzleramt an Statur zu gewinnen. Dieses Misstrauen hat sie begleitet von dem Moment an, als sie in den Bendlerblock, den Sitz des Verteidigungsministeriums in Berlin, einzog. Zuvor hatte sie immer erklärt, nicht ins Kabinett eintreten zu wollen. Am Montag sagte Kramp-Karrenbauer, sie werde ihr Ministeramt auf Wunsch von Kanzlerin Angela Merkel fortführen und sich mit "aller Kraft" für die Soldatinnen und Soldaten einsetzen. Die Truppe liege ihr "sehr am Herzen".

Selbst die Opposition bescheinigt ihr, sich "fleißig" eingearbeitet zu haben

Die Soldaten dürften ihr das abnehmen. "Ich freue mich darauf, dass wir dann eine Verteidigungsministerin haben, die noch mehr Zeit für die Führung und Gestaltung der Bundeswehr hat", sagt Heeresinspekteur Jörg Vollmer der Süddeutschen Zeitung. Tatsächlich war Kramp-Karrenbauers Doppelbelastung auch immer kritisch gesehen worden. Doch sie hat sich auf die Welt der Soldaten eingelassen, viel mehr als ihre Vorgängerin Ursula von der Leyen. Mit ihren ersten Entscheidungen zeigte die Neue, dass sie schnell lernt, wo die Probleme liegen. Sie stoppte umstrittene Privatisierungsvorhaben, weil sie erkannte: Eine Truppe, die wachsen soll, muss ihre Fähigkeiten behalten. Sie korrigierte die "Trendwenden"-Politik ihrer Vorgängerin dort, wo diese nicht griff. Bei der Bundeswehrtagung stellte sie kürzlich ihre Pläne vor, die Einsatzbereitschaft mit einem Sofortprogramm für die Beschaffung zu verbessern. Das kam an. Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels sagt, die Soldaten wünschten sich, dass ihre Ankündigungen "jetzt schnell Realität" würden. Den Parteivorsitz braucht sie dafür nicht.

Für die Opposition überwiegt der Wunsch nach Stabilität. "Wir haben immer gesagt, dass das Ministerium zu führen und die CDU zu viel ist", sagt die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. "Jetzt hat sie Zeit für die Truppe." Der Grünen-Politiker Tobias Lindner sieht das ähnlich. Die Erzählung von der starken Ministerin durch das Parteiamt sei nun zwar "Geschichte". Was bleibt, sei aber eine Ministerin, die sich "in den letzten Monaten durchaus sehr fleißig in das Amt eingearbeitet" habe.

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SZ vom 12.02.2020
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