Verteidigungsministerium:"Befremdet und entsetzt"

Moorbrand

Gerd Hoofe, Staatssekretär im Verteidigungsministerium.

(Foto: Mohssen Assanimoghaddam/picture alliance/dpa)

Staatssekretär Gerd Hoofe, der wichtigste Beamte im Wehrressort, sagt im Untersuchungsausschuss zur Berater-Affäre aus - und erzählt den Abgeordneten von der "Erheblichkeitsschwelle".

Von Mike Szymanski

Wie weit wäre Ursula von der Leyen wohl ohne ihre Männer gekommen? Zwei sind herauszuheben, die sie auf ihrem politischen Weg treu begleitet haben, der eine tut es immer noch: Jens Flosdorff. Bei ihrem Abschied aus dem Verteidigungsministerium hatte die Ministerin ihren Sprecher als "Meister des Wortes" bezeichnet. Tatsächlich war es ihm nahezu immer gelungen, auch die noch so unbequemen Sachverhalte so darzustellen, dass seine Ministerin einen Nutzen daraus ziehen konnte. Er folgte ihr nach Brüssel, wo sie im vergangenen Jahr zur EU-Kommissionspräsidentin aufgestiegen ist. Der andere, ihr ewiger Staatssekretär Gerd Hoofe, blieb im Wehrressort. Der Mann, der sie durch mehrere Ministerien beim Aufstieg in Berlin begleitet hat, wird bald 65. Er ist damit beschäftigt aufzuräumen, was unter der Verteidigungsministerin im Chaos endete.

Es kursiert ein hübscher Satz über diesen Mann: Wenn es im Ministerium brennt, muss Hoofe ran. In der Nacht zu Freitag erlaubte der Untersuchungsausschuss des Bundestages, der sich mit rechtswidrigen Auftragsvergaben des Wehrressorts an externe Berater befasst, seltene Einblicke darin, wie von der Leyens politisches Brandschutzsystem funktionierte. Als Zeuge war Staatssekretär Hoofe geladen.

Der Ausschuss untersucht, wie es dazu kommen konnte, dass teils etliche Millionen Euro schwere Aufträge am Vergaberecht vorbei an externe Berater gingen. Nachdem von der Leyen 2013 an die Spitze des Verteidigungsministeriums gerückt war, hatte sie auf die Hilfe von außen gesetzt, um das Haus zu modernisieren. Vor allem bei der Digitalisierung bestand Nachholbedarf. Sie holte die McKinsey-Managerin Katrin Suder als Staatssekretärin für Rüstung ins Haus. Wohin dieser Ansatz führte, zeigten 2018 Prüfberichte des Bundesrechnungshofes: In vielen Fällen wurde nicht geprüft, ob Aufträge notwendig und wirtschaftlich waren. Ausgeschrieben wurde oftmals auch nicht. Bald stand der Vorwurf der Vetternwirtschaft im Raum, weil Spitzenbeamte wie Suder freundschaftliche Beziehung zu Beratern führten. Der Ministerin sei es wie Hoofe gegangen, als sie mit den Vorwürfen konfrontiert worden sei: Sie sei "befremdet und entsetzt" gewesen, erzählt der Staatssekretär im Ausschuss.

Bei ihm lag dann die interne Aufklärung. Es war Herbst 2018 und absehbar, dass die Verteidigungspolitiker im Bundestag rasch Informationen erwarteten. Sie bekamen dann auch einen Bericht, damals, Ende November, 63 Seiten umfassend. Es fehlte darin keineswegs an Eingeständnissen von Fehlern - die problematische Nähe zu den Externen wird angesprochen, auch deren ausufernder Einfluss im Haus. Als es aber darum geht, Verantwortliche für die Versäumnisse zu benennen, blieb der Bericht zum Ärger der Abgeordneten vage und unkonkret.

In der Ausschusssitzung konfrontierten die SPD-Abgeordneten Siemtje Möller und Dennis Rohde den Staatssekretär nun mit einem Fundstück aus den Beweisunterlagen. Es trägt den Titel: "Verantwortungsbericht", ist ein paar Tage vor dem Bericht für die Abgeordneten erstellt worden und benennt ziemlich klar, wo die Probleme lagen. Einer der Abteilungsleiter galt demnach als "Ausfall", er habe seine Vorgesetztenfunktion nicht wahrgenommen. Das Budget sei nicht überwacht, das Wirken der Externen nicht richtig kontrolliert worden. Laut diesem Bericht stelle sich auch die Frage, ob nicht die Dienstaufsicht durch die zuständige Staatssekretärin oder Staatssekretär "unzureichend" gewesen sei. Bis zu ihrem freiwilligen Ausscheiden im Frühjahr 2018 war das von der Leyens Vertraute: Katrin Suder.

Hoofe musste sich im Ausschuss Fragen gefallen lassen, warum die Parlamentarier darüber lange nichts erfuhren. "Sie müssen nicht denken, dass ich erfreut darüber war", sagte Hoofe. Für ihn sei aber damals bei diesen Versäumnissen nicht die "Erheblichkeitsschwelle" überschritten worden, die ein disziplinarrechtliches oder strafrechtliches Vorgehen erforderlich gemacht hätten. Außerdem sei er mit der Qualität des Verantwortungsberichts nicht "ausreichend zufrieden" gewesen. Er sei unter großem Zeitdruck entstanden und habe sich lediglich auf Aktenmaterial stützen können - ein Vorläuferbericht eben, mehr Bedeutung komme diesem Dokument nicht zu. Es wäre wohl unter Verschluss geblieben, hätten die Abgeordneten nicht den Untersuchungsausschuss erzwungen.

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