Verteidigungsministerin:Kramp-Karrenbauer fordert mehr Bundeswehr-Präsenz in Westafrika

Die Sahel-Zone sei Drehscheibe für Terrorismus und Menschenhandel, sagt die CDU-Politikerin.

Von Nico Fried

Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer in Kundus

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) möchte eine "ehrliche, offene und auch schmerzliche Debatte" über den Einsatz in Afghanistan - doch der Termin ist schlecht gewählt.

(Foto: Britta Pedersen/dpa)

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) plädiert für einen verstärkten Einsatz der Bundeswehr in der westafrikanischen Sahel-Region. "Wir werden überlegen und entscheiden müssen, ob wir in unserem eigenen Interesse an Ort und Stelle für Stabilität sorgen wollen und ob die Bundeswehr hier nicht an der Seite unserer Verbündeten ein robusteres Ausbildungsmandat braucht", sagte Kramp-Karrenbauer der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Die Region südlich der Sahara entwickle sich zu einer großen "Drehscheibe für Terrorismus, für organisierte Kriminalität, für Migration und Menschenhandel", sagte die Ministerin. Obwohl Frankreich dort den islamistischen Terrorismus bekämpfe, habe sich die Sicherheitssituation "massiv verschlechtert", sagte Kramp-Karrenbauer. Die staatlichen Strukturen würden "schwächer statt stärker".

In der ganzen Region war es auch rund um die Weihnachtstage zu Anschlägen mutmaßlich islamistischer Gruppen gekommen. Besonders betroffen war Burkina Faso, ein Nachbarland Malis, wo nach offiziellen Angaben über 100 Menschen getötet wurden. Die Vereinten Nationen und die EU äußerten sich besorgt. Der Einsatz der französischen Soldaten, die im Rahmen der Operation Barkhane vornehmlich in Mali gegen islamistische Milizen kämpfen, war zuletzt in Frankreich selbst in die Diskussion geraten, nachdem beim Zusammenstoß zweier Hubschrauber 13 Soldaten getötet worden waren.

Die Ministerin hatte Anfang Oktober die derzeit in Mali stationierten Soldaten besucht und sich zunächst öffentlich nur für eine Verlängerung des am 31. Mai 2020 auslaufenden Mandats ausgesprochen. Die Bundeswehr ist an der UN-Mission Minusma zur Stabilisierung Malis mit bis zu 1100 Soldatinnen und Soldaten sowie an der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali beteiligt.

Der Großteil des deutschen Kontingents ist in Gao stationiert. Kramp-Karrenbauer schwebt offenbar vor, die Ausbildung der regionalen Streitkräfte weiter voranzutreiben, zugleich aber die dort stationierten Bundeswehr-Soldaten auch mit einem umfassenderen Mandat auszustatten. "Wenn wir als Europäer gemeinsam gegen den erstarkenden islamistischen Terrorismus vorgehen wollen, brauchen wir dafür eine klare völkerrechtliche Grundlage", sagte die Ministerin. Eine EU-Mission zur Ausbildung afrikanischer Kräfte mit einem robusten Mandat der Vereinten Nationen "wäre ein möglicher Weg", so Kramp-Karrenbauer. "Wenn wir das nicht tun, müssen wir uns ehrlich machen, was das möglicherweise an Migrationswellen für Europa bedeuten würde, und ob wir das wollen." Wenn nichts geschehe, "müsste man letztlich um ganz Europa Mauern und Stacheldraht legen", so Kramp-Karrenbauer. Sie wolle sich das "nicht vorstellen". Kramp-Karrenbauers Überlegungen stehen allerdings in einem Gegensatz zu jüngsten Berichten, wonach Frankreich bereits zweimal in Berlin Unterstützung durch Spezialkräfte angefragt hat, aber beide Male von der Bundesregierung abschlägig beschieden wurde. Dies ging aus der Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion hervor.

Kaum war der Vorschlag Kramp-Karrenbauers bekannt, hat ihr die neue Vorsitzende des Koalitionspartners SPD widersprochen: "Wir akzeptieren keine undurchdachten Militäroffensiven und keine Redefinition der deutschen Außenpolitik aus dem Verteidigungsministerium", sagte Saskia Esken der Frankfurter Allgemeinen. Wie bei ihrem Vorstoß zu Syrien agiere die CDU-Chefin ohne Absprache in der Regierung. Wenn es Kramp-Karrenbauer ernst sei mit ihren außenpolitischen Vorschlägen, müsse sie diese gemeinsam mit Außenminister Heiko Maas (SPD) entwickeln. Auch Linke-Chef Bernd Riexinger lehnte den Vorstoß der Verteidigungsministerin umgehend ab.

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