Bundesregierung:Scholz will Lambrecht-Nachfolge "zeitnah" klären

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Der Kanzler nimmt den Rücktritt seiner Verteidigungsministerin an. Die begründet ihren Schritt damit, dass die "monatelange mediale Fokussierung auf meine Person" eine sachliche Diskussion über die Bundeswehr verhindere.

Nun ist es offiziell: Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) tritt zurück. Sie habe Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag um Entlassung gebeten, heißt es in einer Erklärung der Ministerin. Wer ihre Nachfolgerin oder ihr Nachfolger wird, ist noch nicht bekannt. Diese Frage werde Scholz "zeitnah" klären, kündigte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann an.

"Die monatelange mediale Fokussierung auf meine Person lässt eine sachliche Berichterstattung und Diskussion über die Soldatinnen und Soldaten, die Bundeswehr und sicherheitspolitische Weichenstellungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands kaum zu", schreibt Lambrecht. "Die wertvolle Arbeit der Soldatinnen und Soldaten und der vielen motivierten Menschen im Geschäftsbereich muss im Vordergrund stehen. Ich habe mich deshalb entschieden, mein Amt zur Verfügung zu stellen." Sie danke allen, "die sich jeden Tag für unsere Sicherheit engagieren und wünsche ihnen von Herzen alles erdenklich Gute für die Zukunft".

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Scholz habe die Bitte der SPD-Politikerin um Entlassung angenommen, sagte Hoffmann wenig später. "Der Bundeskanzler respektiert die Entscheidung von Frau Lambrecht und dankt ihr für die gute Arbeit, die sie in dieser schwierigen und herausfordernden Zeit als Verteidigungsministerin geleistet hat." Als mögliche Nachfolger Lambrechts gelten die Wehrbeauftragte Eva Högl, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt, der SPD-Co-Vorsitzende Lars Klingbeil oder auch die Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Siemtje Möller (alle SPD).

FDP und CDU fordern rasche Klärung der Nachfolge

"Ich erwarte von der Sozialdemokratie nun schnellstmöglich die Benennung einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers", sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Voraussetzungen für das Amt seien Durchsetzungsstärke im Ministerium und "vor allem Verständnis und ein Herz für die Soldatinnen und Soldaten". CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte im Fernsehsender Welt: "Wir brauchen jetzt schnell Klarheit und Kompetenz für die Bundeswehr." Er kritisierte, Scholz hätte frühzeitiger Entscheidungen" treffen müssen. Die Truppe müsse wissen, wer sie führt.

Lambrecht, 57, stand seit Monaten in der Kritik, die oppositionelle Union forderte wiederholt ihren Rücktritt. Kritiker warfen ihr etwa die schleppend angelaufene Beschaffung für die Bundeswehr und fehlende Sachkenntnis vor, aber auch ihr Auftreten in der Öffentlichkeit wurde immer wieder bemängelt. Negativschlagzeilen machte ein Foto ihres Sohnes auf Mitreise in einem Bundeswehrhubschrauber. Jüngst löste Lambrecht Irritationen aus mit einer auf Instagram verbreiteten Neujahrsbotschaft, in der sie begleitet von Silvesterfeuerwerk über den Krieg in der Ukraine sprach.

Eine Klärung der Personalie ist auch deshalb dringend, da am Freitag auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz Gespräche der Verteidigungsminister westlicher Staaten über weitere Militärhilfe für die Ukraine angesetzt sind. Bereits am Donnerstag wird US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in Berlin erwartet.

In der großen Koalition unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war Lambrecht erst Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, das damals von Scholz geleitet wurde. Im Juni 2019 wurde sie Justiz- und Verbraucherschutzministerin, im Mai 2021 übernahm sie zudem noch das Familienministerium. Lambrecht ist nach Anne Spiegel (Grüne) die zweite Ministerin der Regierung Scholz, die zurücktritt. Spiegel war im April aus dem Amt der Familienministerin ausgeschieden.

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