Verteidigungsminister in Kabul:Debatte unerwünscht

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Wer den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan fordert, macht einen Fehler, sagt Bundesverteidigungsminister Jung in Kabul: Durch die Debatte würden die Taliban gestärkt und Soldaten gefährdet.

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hat bei einem Besuch in Kabul ein Ende der Debatte über einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan gefordert, um die deutschen Soldaten dort nicht weiter zu gefährden. Die Extremisten verfolgten die Mandatsdiskussion in Deutschland sehr genau und verübten daher gezielt Anschläge auf die Bundeswehr, sagte Jung in der afghanischen Hauptstadt.

Verteidigunsminister Jung und der afghanische Präsident Karsai in Kabul (Foto: Foto: dpa)

"Ich kann nur diejenigen in Deutschland dringend auffordern, Forderungen einzustellen, im Hinblick auf einen Rückzug aus Afghanistan, weil das diese Aktivitäten noch bestärkt und somit die Sicherheit unserer Soldaten eher gefährdet", warnte der Minister.

Am Morgen war Jung mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai zusammengekommen. Jung entschuldigte sich dabei für die Tötung von drei Zivilisten an einer Straßensperre der Bundeswehr. Der Minister teilte nach seinem Treffen in Kabul mit, Karsai sei "dankbar im Hinblick auf unsere Entschuldigung bezüglich dieses Unfalls" gewesen.

Der Regierungschef habe dies gegenüber den betroffenen Familien als ein wichtiges Zeichen angesehen. Am vergangenen Donnerstag waren eine Frau und zwei Kinder erschossen worden, nachdem ihr Wagen trotz Warnzeichen weiter auf einen Checkpoint der Bundeswehr zugerollt war.

Präsident Karsai äußerte sich laut Jung besorgt über die Lage in den Grenzgebieten zu Pakistan. Die Sicherheitslage in Afghanistan werde nach Karsais Worten auch dadurch verschärft, dass weiter Attentäter in Pakistan ausgebildet würden. Der afghanische Präsident halte daher ein Abkommen über eine effektivere Grenzsicherung für sehr wichtig.

Bei dem Treffen war auch der UN-Sondergesandte Kai Eide zugegen. Jung würdigte nach dem Gespräch die Arbeit der Vereinten Nationen beim Wiederaufbau Afghanistans. Allerdings würde sich Eide dabei "noch mehr Unterstützung wünschen international", sagte Jung. Der UN- Gesandte sei "sehr dankbar für das, was Deutschland tut".

Eide habe sich sorgenvoll über die Situation an der Grenze zwischen Pakistan und Afghanistan geäußert. Auch der Minister forderte die beiden Nachbarländer dazu auf, "effektivere Grenzsicherung zu gewährleisten", um Rückzugsmöglichkeiten für die Taliban in den pakistanischen Stammesgebieten und Nachschub für Terroristen zu unterbinden.

Bundeswehrverband: "Wir befinden uns in einem Krieg"

In Deutschland wird derweil über den angemessenen Umgang mit toten Bundeswehrsoldaten diskutiert. Der Bundeswehrverband fordert Klartext, wenn von toten deutschen Soldaten in Afghanistan die Rede ist. Für Verbandschef Gertz geht es um die Wortwahl.

Der Bundeswehrverband wirft der Regierung vor, mit "gestelzten Wendungen" die Wahrheit über den deutschen Einsatz in Afghanistan zu verschleiern. "Wir befinden uns in einem Krieg gegen einen zu allem entschlossenen, fanatischen Gegner", sagte Verbandschef Gertz der Neuen Osnabrücker Zeitung. Der getötete Hauptfeldwebel sei in der vergangenen Woche nicht ums Leben gekommen, wie bei seiner Beisetzung erklärt worden sei. "Richtig ist: Dieser Hauptfeldwebel ist für die Bundesrepublik Deutschland gefallen", sagte Gertz.

"Kompensationszahlung" für tote Zivilisten

Unterdessen hat Deutschland den Hinterbliebenen der von Bundeswehrsoldaten in Afghanistan erschossenen drei Zivilisten Geld gezahlt, um Blutrache zu verhindern. Das teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin mit. Unter Vermittlung des zuständigen paschtunischen Stammesführers hätten Vertreter des deutschen Wiederaufbauteams im nordafghanischen Kundus mit einem Bruder der getöteten Frau gesprochen. Dieser habe nach einer "Kompensationszahlung" eine "Verzeihung" ausgesprochen.

Damit sei nach den Gepflogenheiten des Landes die von der Familie zuvor geschworene Blutrache ausgeschlossen, hieß es. Die Zahlung, zu deren Höhe der Sprecher keine Angaben machte, sei aber kein Eingeständnis, dass den deutschen Soldaten ein Vorwurf gemacht werden könne.

© dpa/Reuters/ihe/buma/ssc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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