Süddeutsche Zeitung

Verteidigungsminister im Kreuzfeuer:Guttenbergs Projekt heißt Guttenberg

Reden kann er, gut aussehen auch. Guttenberg hat die Gabe, in verschiedenen Milieus den Eindruck zu erwecken, er sei selbst Teil des Milieus. Aber im Umgang mit Soldaten gebricht es ihm an militärischer Führungstugend.

Kurt Kister

Die Zeiten, in denen in Deutschland Offiziere auch Wehrminister waren, sind glücklicherweise lange vorbei. Lässt man die Verteidigungsminister der vergangenen zehn Jahre Revue passieren, könnte man fast denken, es komme darauf an, einen Erzzivilisten zu finden, der zunächst keine Ahnung vom Militär hat. Auf Jung, Struck und Scharping traf dies zu, auch wenn sie sonst viel voneinander unterschied. Populär war keiner von ihnen; bei den Soldaten genoss vor allem Struck Sympathien, weil er auftrat wie ein grummeliger, aus dem Unteroffiziersstand aufgestiegener Oberleutnant. Struck vertraute man, Jung traute man wenig zu, und Scharping leider fast alles.

Karl-Theodor zu Guttenberg passt nicht in diese Reihe. Er ist ein ungewöhnlich populärer Politiker, von dem viele Menschen wissen, dass sie ihn gut finden, aber eigentlich nicht recht sagen können, warum sie das tun. Das Verteidigungsministerium ist für ihn eine Übergangsbleibe.

Guttenbergs Projekt heißt Guttenberg, was ihn mit so unterschiedlichen Charakteren wie Gerhard Schröder oder Guido Westerwelle verbindet. Allerdings hat Guttenberg auch die Gabe, dass er in verschiedenen Milieus den Eindruck erwecken kann, er sei selbst Teil des Milieus. Man sieht ihn als cargobehosten Reservisten in Afghanistan, als nadelgestreiften Teilzeitbanker im Wirtschaftsministerium oder als lustigen Kumpel bei "Wetten, dass..?". Wer diese Form der Mimikry beherrscht, kann es in der Politik weit bringen.

Solange schönes Wetter herrscht ...

Allerdings haben die vergangenen Tage auch gezeigt, wie oberflächlich so ein Eindruck sein kann. In der Gorch-Fock-Affäre wurde deutlich, dass man, wäre Guttenberg Offizier und man selbst Soldat, nicht unter ihm dienen möchte. Solange schönes Wetter herrscht, übernimmt er gern Verantwortung.

Reden kann er, und gut aussehen auch. Im Falle eines Problems aber, vor allem wenn es öffentlich wird und noch dazu in der Bild-Zeitung, findet Guttenberg stets rasend schnell Schuldige, die er mit Trara suspendiert, hinauswirft oder schlechtredet. Den Kapitän des Schulschiffes ließ er vom Marine-Inspekteur abmeiern, angeblich zu dessen eigenem Schutz. Als Soldat erwartet man von Vorgesetzten nicht Milde, aber doch Besonnenheit, korrektes Vorgehen und Loyalität.

Ein Offizier hat sich zunächst einmal vor seine Leute zu stellen und sie zu verteidigen. Dann muss er Klarheit schaffen und auf dieser Basis handeln. Wer dienen soll bis zum Einsatz des Lebens, der ist, gerade wenn er gefehlt hat, auf Loyalität und Kameradschaft angewiesen, auch von Seiten des Kommandeurs. Es gibt immer wieder Offiziere, die zu ihrem höheren Ruhm Untergebene demütigen oder gar gefährden. Auf der Gorch Fock ist dies vielleicht vorgekommen, im Verteidigungsministerium allemal.

Der frühere Generalinspekteur Schneiderhan, aber auch Kapitän Schatz können davon als Experten berichten. Gewiss, ein Minister ist kein Offizier. Aber gerade Guttenberg täten Offizierstugenden sehr gut.

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SZ vom 29.01.2011/lala
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