Süddeutsche Zeitung

Verteidigungsetats:EU-Staaten sollen mehr für Verteidigung ausgeben

  • Die EU-Staaten sollen deutlich mehr Geld für Verteidigung ausgeben.
  • Dafür soll nach dem Willen der Europäischen Kommission ein neuer europäischer Verteidigungsfonds geschaffen werden.
  • Mithilfe des Fonds soll in gemeinsame Projekte investiert werden.
  • Der EU-Kommission zufolge kostet die bislang mangelnde Kooperation in Verteidigungsfragen die EU jährlich zwischen 25 und 100 Milliarden Euro.

Von Daniel Brössler und Alexander Mühlauer, Brüssel

Die EU-Staaten sollen nach dem Willen der Europäischen Kommission deutlich mehr Geld für Verteidigung ausgeben. Unter dem Eindruck des Sieges von Donald Trump bei der Präsidentenwahl in den USA und der verschärften Sicherheitslage in der europäischen Nachbarschaft will die Brüsseler Behörde zu diesem Zweck einen neuen europäischen Verteidigungsfonds schaffen. In diesen sollen die Mitgliedstaaten einzahlen, um künftig in gemeinsame Projekte zu investieren, etwa Drohnentechnologien.

Der EU-Kommission zufolge kostet die bislang mangelnde Kooperation in Verteidigungsfragen die EU jährlich zwischen 25 und 100 Milliarden Euro. Der Fonds ist Teil eines Aktionsplans zur europäischen Verteidigungsstrategie, den die Behörde an diesem Mittwoch vorstellen will. Der Entwurf liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Genaue Angaben zum finanziellen Umfang des Fonds gab es zunächst nicht.

Die Vorschläge der Kommission fügen sich ein in den Plan zum Aufbau einer Sicherheits- und Verteidigungsunion, der beim EU-Gipfel im Dezember beschlossen werden soll. Diese soll nicht in Konkurrenz zur Nato treten und auch nicht zur Gründung einer europäischen Armee führen. Die EU will aber in der Lage sein, sich schneller und effizienter auch militärisch in der Nachbarschaft, insbesondere in Afrika, zu engagieren. Geschaffen werden sollen dafür auch zivil-militärische Führungsstrukturen.

Schlagkräftiger soll die EU auch in der Rüstung werden. Der geplante Fonds soll dazu beitragen, Entwicklungsausgaben effizienter einzusetzen. Die Entscheidung, wie viel Geld und in welche Techniken oder Ausrüstungen investiert wird, sollen weiter die Mitgliedsländer treffen.

Die Europäer stehen unter dem Druck des künftigen US-Präsidenten Trump

Damit die EU-Staaten aber nicht auf nationaler Ebene darüber entscheiden, sondern gemeinsam mithilfe des Fonds, soll es einen besonderen Anreiz geben. Investitionen, die über den Verteidigungsfonds laufen, sollen bei der Berechnung der Haushaltsdefizite der jeweiligen Länder bis zu einem gewissen Maß unberücksichtigt bleiben.

Das wäre eine weitere Ausnahme bei den Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Die Brüsseler Behörde könnte mit den Verteidigungsausgaben demnach ähnlich verfahren wie mit den Kosten für die Bewältigung der Flüchtlingskrise. Das würde besonders wirtschaftlich angeschlagenen Ländern wie Frankreich und Italien helfen.

Die Europäische Kommission verweist in ihrem Plan darauf, dass die Verteidigungsausgaben der EU in den vergangenen zehn Jahren konstant bei etwa 200 Milliarden Euro geblieben seien. China hingegen habe sein Verteidigungsbudget im selben Zeitraum um 150 Prozent gesteigert.

Auch die USA hätten allein 2015 mehr als doppelt so viel wie die EU in Verteidigung investiert. Die Europäer stehen unter dem Druck des künftigen US-Präsidenten Trump, der sie im Wahlkampf ermahnt hatte, deutlich mehr für die Verteidigung zu tun. Verstärkt werden soll auch die Kooperation zwischen Nato und EU.

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SZ vom 30.11.2016/dit
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