Verteidigung - Rostock:Nach Traditionserlass: Tirpitzhafen in Kiel umbenennen

Deutschland
Das Segelschulschiff der Marine, die Gorch Fock, liegt an der Tirpitzmole in ihrem Heimathafen Kiel. Foto: picture alliance / dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Kiel/Berlin (dpa) - Als Konsequenz des Traditionserlasses will die Marine noch in diesem Jahr in ihren Stützpunkten in Kiel und Wilhelmshaven Straßen, Molen oder Häfen mit historisch belasteten Namen umbenennen. Der Sprecher des Marinekommandos Rostock bestätigte am Mittwoch einen Bericht der "Kieler Nachrichten". So solle in Kiel die Tirpitzmole, an der das Segelschulschiff "Gorch Fock" zuhause ist, nach dem vorliegenden Vorschlag künftig Brandtauchermole heißen - benannt nach dem ersten deutschen U-Boot, das 1851 in der Kieler Förde bei einer Testfahrt sank.

Und der Tirpitzhafen in Kiel soll künftig Oskar Kusch Hafen heißen. Oskar Kusch war ein U-Boot-Kommandant im Zweiten Weltkrieg, der wegen kritischer Äußerungen über das Nazi-Regime hingerichtet wurde. Die Namen von Militärs aus dem Ersten Weltkrieg wie Großadmiral Alfred von Tirpitz, Admiral Reinhard Scheer und den U-Boot-Kommandanten Otto Weddigen und Reinhold Saltzwedel sollen künftig nicht mehr als Teil der Tradition der Bundeswehr gewürdigt werden. So sollen in Kiel auch die bisherige Scheermole und Weddigen-Brücke umbenannt werden.

Der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Andreas Krause, werde die Namensvorschläge prüfen und am Ende entscheiden, betonte der Sprecher Marinekommandos.

Im Jahr 2018 hatte die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) den Traditionserlass überarbeitet. Darin heißt es: "Tradition und Identität der Bundeswehr nehmen (...) die gesamte deutsche (Militär-)Geschichte in den Blick. Sie schließen aber jene Teile aus, die unvereinbar mit den Werten unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung sind."

Die Linke hatte in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung nach dem Umsetzungsstand des neuens Traditionserlasses gefragt. Jan Korte, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linken-Bundestagsfraktion, zeigte sich am Mittwoch in Berlin nur bedingt zufrieden mit den angestrebten Umbenennungen nach jahrelangen Bemühungen: "Es ist eigentlich unfassbar, dass die Marine erst jetzt die Kraft findet sich von den Antidemokraten Scheer und Tirpitz zu trennen."

Scheer sei nicht nur ein Verfechter der Strategie des "uneingeschränkten U-Boot-Krieges" gewesen, sondern habe auch die Todesurteile gegen die Matrosen Max Reichpietsch und Albin Köbis, zwei Organisatoren der Antikriegsbewegung in der Kaiserlichen Marine, bestätigt. "Und Tirpitz, der antisemitische und völkische Führer der rechtsradikalen Deutschen Vaterlandspartei, war nun allerhand, aber hätte sicher niemals traditionsstiftend für die Marine sein dürfen", sagte Korte.

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