Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den SPD-Politiker Boris Pistorius zum neuen Bundesverteidigungsminister ernannt. Im Schloss Bellevue in Berlin erhielt der bisherige niedersächsische Innenminister seine Urkunde, anschließend wurde er im Bundestag vereidigt.
Kurz vor seiner Ernennung erhielt Pistorius' Vorgängerin Christine Lambrecht vom Bundespräsidenten ihre Entlassungsurkunde. Sie hatte am Montag nach nur etwas mehr als einem Jahr und einem Monat im Amt ihren Rücktritt erklärt. Steinmeier dankte ihr für ihre "Bereitschaft, in schwerster Zeit Verantwortung zu tragen", sowie für ihr langjähriges politisches Engagement. Lambrecht saß seit 1998 für die SPD im Bundestag, bis sie zur Wahl 2021 nicht mehr antrat.
Den russischen Überfall auf die Ukraine nannte Steinmeier einen "Epochenbruch" und forderte eine Aufrüstung der Bundeswehr, eine bessere Beschaffung, mehr Personal sowie "Aufmerksamkeit und Respekt für die Truppe". Es komme jetzt entscheidend darauf an, die Bundeswehr "abschreckungsfähig und verteidigungsbereit" zu machen, sagte der Bundespräsident. Zugleich sagte er: "Deutschland ist nicht im Krieg."
An Pistorius gewandt, sagte der Bundespräsident: "Sie müssen direkt loslegen." Der neue Minister brauche einen "kühlen Kopf, gute Nerven, Führungsstärke, klare Sprache und politische Erfahrung". Dass Pistorius all das habe, habe er in anderen anspruchsvollen politischen Ämtern gezeigt.
In seinem neuen Ministerium angekommen kritisierte Pistorius, die Streitkräfte seien in den vergangenen Jahrzehnten oft vernachlässigt worden. Die Truppe brauche jetzt volle Unterstützung und er selbst benötige die Unterstützung aller in der Bundeswehr, im Ministerium und in den dazugehörenden Behörden. "Ich brauche jeden Einzelnen. Ich brauche die Unterstützung aller. Und ich werde sie auch einfordern", sagte Pistorius. Er mahnte: "Der größte Teil der Zeitenwende liegt noch vor uns."
Lambrecht hinterlässt Pistorius eine ganze Reihe von Baustellen - während Russland noch immer Krieg gegen die Ukraine führt. So steht die Modernisierung der Bundeswehr unter anderem mit Hilfe des 100 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögens noch am Anfang. Die Aufrüstung hatte Kanzler Olaf Scholz nach dem russischen Einmarsch im Februar vergangenen Jahres verkündet.
Die drängendste Frage ist, wie es mit den Waffenlieferungen an die Ukraine weitergeht. Nach der Entscheidung zur Lieferung von Schützenpanzern vom Typ Marder geht es nun um eine mögliche Unterstützung mit Leopard -Kampfpanzern. Die Bundesregierung ist dazu offenbar inzwischen bereit, wenn die USA ebenfalls Kampfpanzer abgeben - vom Typ Abrams.
Pistorius startet mit vielen Terminen in sein Amt: Nach der Vereidigung empfing ihn der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, mit militärischen Ehren im Bendlerblock. Er telefonierte zudem mit seinem französischen Amtskollegen Sébastien Lecornu und traf noch am Vormittag US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. Am Freitag treffen sich die westlichen Verbündeten der Ukraine auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz, um über weitere Waffen- und Panzerlieferungen zu sprechen.