Verteidigung - Berlin:Gutachten stärkt Zweifel am Haenel-Sturmgewehr

Berlin
Ein Firmenschild weist auf den Waffenhersteller C.G. Haenel hin. Foto: Michael Reichel/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Berlin (dpa) - Ein Expertengutachten stärkt juristische Zweifel an dem von Bundeswehr-Beschaffern zunächst ausgewählten Sturmgewehr des Thüringer Herstellers C.G. Haenel. Nachdem die Untersuchung am Freitag vorlag, teilte das Verteidigungsministerium in Berlin mit: "Dem betreffenden Unternehmen wird Gelegenheit gegeben, sich bis Mitte Januar zu den Ergebnissen der patentrechtlichen Begutachtungen zu äußern." Haenel hatte sich bei dem Bieterverfahren für 120 000 Waffen überraschend gegen den Traditionslieferanten Heckler & Koch durchgesetzt.

Das Verteidigungsministerium hatte die Vergabe an Haenel im Oktober zunächst zurückgezogen. Es begründete die Entscheidung mit möglichen Patentrechtsverletzungen zulasten des unterlegenen Bieters Heckler & Koch. Dabei ging es um spezielle Bohrungen, aus denen eingedrungenes Wasser wieder austreten kann ("over the beach"). Die Waffe ist so schneller schussbereit. Allerdings standen auch weitere Beschwerdepunkte in dem Vergabeverfahren im Raum.

"Mit der Zurücknahme des Zuschlags haben wir signalisiert, dass wir Zweifel patentrechtlicher Natur haben. Und dass nun vorgelegte Gutachten stärkt uns in dieser Ansicht", sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Das Gutachten müsse von der Vergabestelle noch ausgewertet werden. "Allen Parteien wird die Möglichkeit einer Stellung eingeräumt", sagte sie.

Es sei nun gutachterlich bestätigt, dass die Beschaffung eines neuen Sturmgewehrs noch lange dauern und am Ende vor Gericht entschieden werde, kritisierte der FDP-Verteidigungspolitiker Alexander Müller. "Dass wir nicht mal die unkomplizierten Beschaffungen auf die Kette kriegen, ist ein Armutszeugnis für das Verteidigungsministerium; es reiht sich ein in eine ganze Kette von gescheiterten Beschaffungen in letzter Zeit."

Der Grünen-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner erklärte, dass sich hinter "sehr dürren Worten" einer Unterrichtung des Parlamentes "nicht weniger als ein Desaster" für ein Vergabeverfahren verberge. Die Vergabe an Haenel sei nicht mehr zu halten. "Erschreckend ist, dass man den heutigen Kenntnisstand einer sehr wahrscheinlichen Patentverletzung bereits vor mehr als zwei Jahren hätte haben können, wenn das Beschaffungsamt öffentlichen und bekannten Hinweisen damals nur konsequent nachgegangen wäre", so Lindner. Jahrelange Verzögerungen durch einen Rechtsstreit seien nun zu erwarten.

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