Verteidigung:Allein gegen Europa

London kann mehr Kooperation der EU nicht mehr blockieren.

Von Daniel Brössler

Verlässlich und regelmäßig wird die alte Idee aufgefrischt, eine europäische Armee zu schaffen. Eine Armee der Europäischen Union bleibe ein langfristiges Ziel, hatte die SPD im Europawahlkampf 2014 postuliert. 2015 brachte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker das Vorhaben kurzfristig wieder einmal in die Schlagzeilen. Und 2016? Da sind es die Briten, die es an die Wand malen - freilich als Schreckgespenst. Verteidigungsminister Michael Fallon hat angekündigt, eine EU-Armee unbedingt verhindern zu wollen.

Fallon weiß, was fast jeder in der EU weiß: Eine europäische Armee wird nicht kommen - und falls doch, dann erst in sehr ferner Zukunft. Sehr wohl aber wollen die meisten EU-Staaten den Brexit nutzen, um jene stärkere verteidigungspolitische Zusammenarbeit in der EU zu ermöglichen, die Großbritannien bisher so erfolgreich verhindert hat. Nur sehr wenige sprechen sich dagegen tatsächlich für eine EU-Armee aus - und auch sie meinen damit nicht die Abschaffung der nationalen Streitkräfte. Wenn Großbritannien vor einer europäischen Armee warnt, will es in Wahrheit die Entwicklung der EU in Richtung einer Verteidigungsgemeinschaft verhindern.

Das hätte den Briten vielleicht gelingen können - wenn sie in der EU geblieben wären. So aber gelten die Worte von Premierministerin Theresa May: Brexit heißt Brexit.

© SZ vom 28.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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