Vermisste Teenager aus Österreich:Facebook-Postings vom heiligen Krieg

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"Wir sehen uns im Paradies": Am 10. April 2014 machten sich die Wienerinnen Samra Kesinovic (l.) und Sabina Selimovic (r.) auf den Weg nach Syrien. (Foto: Interpol)

Sie sind erst 15 und 16 Jahre alt: Zwei Wiener Schülerinnen werden vermisst, im Internet behaupten sie, sich Dschihadisten in Syrien angeschlossen zu haben. Rekrutiert wurden sie womöglich in einer österreichischen Moschee.

Von Matthias Huber

Auf den Fahndungsfotos, die Interpol herausgegeben hat, sehen sie aus wie ganz gewöhnliche Teenager: Samra Kesinovic, 16 Jahre alt, hat ihre blonden Haare zu einem Pferdeschwanz hochgesteckt und lächelt in die Kamera. Ihre 15-jährige Freundin Sabina Selimovic hat sich selbst fotografiert und lacht dabei fröhlich. Jetzt werden die beiden Wiener Schülerinnen bosnischer Abstammung vermisst. Sie sind womöglich unterwegs an die Front des syrischen Bürgerkriegs.

Es kursieren auch andere Bilder der Mädchen: Samra ist darauf beispielsweise ganz in schwarz verschleiert, nur die Augen sind zu sehen. Wieder andere Fotos sollen sie mit Kalaschnikows zeigen, umringt von Kämpfern, angeblich in einem Trainingscamp für Dschihadisten. Sie seien jetzt mit syrischen Rebellen verheiratet, sollen die Schülerinnen auf Facebook geschrieben haben. Seit acht Tagen sind sie verschwunden, Interpol hat sie auf die Liste der vermissten Personen gesetzt.

Am 10. April sind Samra und Sabina nach Istanbul geflogen. Von dort ging es weiter nach Adana, eine Stadt im Süden der Türkei, nur etwa 100 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt. Dort verliert sich die Spur der Mädchen. "Wir sind auf dem richtigen Weg", sollen Samra und Sabina laut einem Bericht der Krone-Zeitung in einem Abschiedsbrief an ihre Eltern geschrieben haben. "Wir gehen nach Syrien, kämpfen für den Islam. Wir sehen uns im Paradies."

"Das schreibt jemand anderes", glaubt Sabinas Onkel

Auf den Facebook-Seiten der Mädchen finden sich ähnliche Aussagen. "Was erwartet ihr in Syrien?", heißt es dort. "Den Tod auf Allahs Weg", lautet die Antwort. Die Familien der Schülerinnen sind aber skeptisch, dass diese Nachrichten tatsächlich von ihnen stammen. "Das schreibt jemand anders", glaubt Sabinas Onkel. Einem Bericht des Kurier zufolge soll er auf diesem Weg mit seiner angeblichen Nichte in Kontakt getreten sein, aber "wesentliche Fragen konnte sie nicht beantworten."

Der Fall der beiden Wiener Schülerinnen ist keine Ausnahme. Laut Krone-Zeitung seien allein in Österreich mehr als hundert Menschen von Islamisten für den Bürgerkrieg in Syrien rekrutiert worden. Auch aus anderen europäischen Ländern reisen Jugendliche nach Syrien, um dort am Bürgerkrieg gegen Baschar al-Assad teilzunehmen. Einem Bericht des Guardian zufolge sei erst vor Kurzem ein 18-jähriger Brite dort ums Leben gekommen.

Falls Samra und Sabina tatsächlich mit Islamisten im syrischen Bürgerkrieg stecken, ist unklar, wie sie rekrutiert wurden. Den Angehörigen zufolge hätten sich die Mädchen bislang immer westlich gekleidet, das Haar offen getragen und mit Jungs geflirtet - wie ganz normale österreichische Teenager eben. Verschiedenen österreichischen Zeitungsberichten zufolge sollen Samra und Sabina aber kurz vor ihrem Verschwinden die Altun-Alem-Moschee in Wien besucht haben. Dort soll sich Ebu Tejma aufhalten, der als radikaler Salafist gilt. Dass die Mädchen dort rekrutiert worden sein sollen, können die Familien aber nicht glauben: "Wir wissen, wo sie unterwegs waren", sagte ein Angehöriger zum Kurier. "Sie müssen auf der Straße angesprochen worden sein."

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