Klimaschutz und Verkehr:Immer mehr Lastwagen, immer mehr Emissionen

Hofolding, Autobahn A8 Salzburg, Ferienbeginn

Stoßstange an Stoßstange: Lastwagen auf der Autobahn bei München.

(Foto: Angelika Bardehle)
  • Nach Prognosen der Regierung werden die Emissionen schwerer Nutzfahrzeuge in den nächsten Jahren kaum sinken.
  • Damit droht Deutschland seine Klimaziele zu verfehlen.
  • Bis Ende März soll das Verkehrsministerium nun Vorschläge erarbeiten, wie sich die Zahlen endlich deutlich verbessern lassen.

Von Markus Balser, Berlin

Sogenannte Elefantenrennen auf der rechten Spur sind zum vertrauten Anblick auf deutschen Autobahnen geworden. Der Lkw-Verkehr nimmt hierzulande stetig zu. Seit 1990 hat sich der Gütertransport auf der Straße schon mehr als verdoppelt. Neue Zahlen aus dem Bundesverkehrsministerium machen nun klar, dass die hohe Brummidichte auch für die Klimapläne der Bundesregierung zum ernsten Problem wird. Denn nach Prognosen der Regierung werden die Emissionen schwerer Nutzfahrzeuge in den nächsten Jahren kaum sinken. Damit geraten auch die gesamten Vorgaben des Klimaschutzplans der Bundesregierung in Gefahr.

Denn die ehrgeizigen Ziele sehen eigentlich vor, dass die gesamten Emissionen des Verkehrssektors bis 2030 um mindestens 40 Prozent zurückgehen. In absoluten Zahlen ist bereits klar, was das heißt: Der Ausstoß von Treibhausemissionen muss von 160 Millionen Tonnen 2018 auf 98 Millionen Ende des nächsten Jahrzehnts sinken. Die neuen Daten zeigen allerdings, wie schwer das wird. Laut aktueller Prognose der Bundesregierung sinken die Verkehrsemissionen bis 2028 gerade mal auf 142 Millionen Tonnen. So geht es aus einer Antwort von Verkehrsstaatssekretär Steffen Bilger (CDU) auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Wie schon zwei Jahre später die 100-Millionen-Tonnen-Marke unterschritten werden soll, ist nach Angaben aus Regierungskreisen völlig offen.

Klar wird allerdings, was einen stärkeren Rückgang bei den Emissionen in den nächsten Jahren ausbremsen wird. Denn der Ausstoß schwerer Nutzfahrzeuge geht der Prognose zufolge von 2018 bis zum Jahr 2028 gerade mal um gut vier Prozent zurück - auf dann 44 Millionen Tonnen. Damit steigt der Anteil der Brummis an den Emissionen in den nächsten Jahren von 28 auf 31 Prozent. Bilger beruft sich bei der Antwort auf eine Projektion des Verkehrsmodells Tremod, mit dem die Klimabilanz der Regierung errechnet wird. Dabei ist eigentlich schon das optimistische Szenario unterstellt, dass schwere Nutzfahrzeuge in einem Jahrzehnt etwa 20 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen.

Gerade der Verkehrssektor muss eigentlich viel dafür tun, seine Klimabilanz schnell aufzubessern. Auf sein Konto gehen mit den 160 Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich knapp ein Fünftel aller klimaschädlichen Emissionen in Deutschland. Während die deutschen Emissionen insgesamt aber seit 1990 um 28 Prozent zurückgingen, lagen sie im Verkehr im vergangenen Jahr fast genau auf dem Niveau von 1990. Bis Ende März soll das Verkehrsministerium nun Vorschläge erarbeiten, wie sich die Zahlen endlich deutlich verbessern lassen. Derzeit berät eine Arbeitsgruppe aus Experten darüber, mit welchen Instrumenten die Treibhausemissionen so stark wie erhofft sinken können. Eine erste Ideensammlung der Experten, zu der auch ein Tempolimit und höhere Spritpreise gehörten, hatte großen Wirbel und Ärger beim zuständigen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ausgelöst. Der hatte den Experten nahegelegt, künftig nur solche Vorschläge zu machen, die Autofahrer nicht belasten.

Das federführende Bundesumweltministerium von Svenja Schulze (SPD) hatte in der vergangenen Woche die Ziele untermauert und einen entsprechenden Entwurf für ein Klimaschutzgesetz verfasst. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD bereits festgelegt, ein solches Gesetz noch in diesem Jahr zu verabschieden. Schulze will darin regeln, wie stark Bereiche wie Verkehr, Industrie und Landwirtschaft ihren Treibhausgasausstoß Jahr für Jahr senken müssen, damit Deutschland sein Klimaschutzziel für 2030 - 55 Prozent weniger Treibhausgase als 1990 - und die EU-Vorgaben einhält. Am stärksten betroffen sind davon die CDU-Ministerien der Regierung.

Der Vorstoß löste am Wochenende einen handfesten Koalitionsstreit aus. Das einseitige Vorgehen diene weder dem Klimaschutz noch dem Erhalt von Arbeitsplätzen in Deutschland, sagte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Noch deutlicher wurde der sächsische CDU-Politiker Andreas Lämmel. Ostdeutschland habe "die Diktatur der Arbeiterklasse überwunden" und bekomme jetzt "eine Diktatur des Klimagesetzes". In der Opposition wächst dagegen angesichts der neuen Prognosen der Ärger über das schleppende Vorgehen der großen Koalition. Die Zahlen untermauerten, wie viel Handlungsbedarf im Verkehr bestehe, warnte die Grünen-Abgeordnete Sylvia Kotting-Uhl, die dem Umweltausschuss des Bundestags vorsitzt. "Doch mit der personifizierten Verantwortungsblockade Scheuer sehe ich da schwarz." Umso wichtiger sei die Verabschiedung des Klimaschutzgesetzes: "Wir müssen klare Grenzen setzen, damit sich alle verlässlich daran orientieren können."

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