Süddeutsche Zeitung

Verkehrsministerium über Stuttgart 21:Ramsauer spielt Bedeutung von S21-Bericht herunter

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Verliert die Bundesregierung die Geduld mit Stuttgart 21? Das legt ein interner Bericht aus dem Verkehrsministerium nahe. Während Minister Ramsauer von "Einzelmeinungen" spricht, findet die Opposition: Jetzt reicht es.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Was Tausende Demonstranten nicht geschafft haben, besorgt nun womöglich das Bundesverkehrsministerium: Stuttgart 21 steht offenbar vor dem Aus. Das legt ein interner Bericht aus dem Ministerium nahe, den die Stuttgarter Zeitung in Auszügen veröffentlicht hat - dessen Bedeutung Minister Ramsauer jedoch herunterspielt.

Dem Bericht zufolge lehnt die Bundesregierung weitere Milliardenausgaben für das Projekt ab, dessen Kosten die Bahn nun mit bis zu 6,8 Milliarden Euro beziffert, statt der ursprünglich veranschlagten 4,5 Milliarden Euro. Zudem rechnet der Bericht mit einer Fertigstellung im Jahr 2024 - vier Jahre später als geplant. Der Bund als Eigentümer der Bahn wolle deshalb im Aufsichtsrat eine Prüfung von Alternativen erreichen, heißt es.

Muss der Bauherr aussteigen? Ramsauer beeilte sich, diesen Eindruck zu zerstreuen. "Der Vermerk aus meinem Ministerium ist ein alter Hut", sagte der Minister dem ZDF. "Die Fragen wurden vor Weihnachten gestellt und dienten zur Vorbereitung auf den Aufsichtsrat. Es handelt sich hier um Einzelmeinungen aus der unteren Ebene meines Ministeriums."

Hinzu kommt, dass neben dem Verkehrs- auch das Finanz- und das Wirtschaftsministerium im Aufsichtsrat der Bahn vertreten sind. Diese stehen dem Projekt traditionell weniger kritisch gegenüber, was auch daran liegen mag, dass Finanzminister Wolfgang Schäuble von der CDU und Wirtschaftsminister Philipp Rösler von der FDP den Grünen kurz von der Bundestagswahl ungern einen Sieg gönnen wollen.

"Dass es Unsinn ist, ist schon länger bekannt"

Dirk Fischer, verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, warnt vor übereiligen Schritten. Er legt Wert auf die Feststellung, dass Stuttgart 21 immer noch "eigenwirtschaftliches Projekt der Deutschen Bahn AG" sei. Der Bund sei demnach nicht direkt an Stuttgart 21 beteiligt. Er finanziere lediglich ohnehin notwendige Netzverknüpfungskosten mit. "Der Vorstand der Deutsche Bahn AG handelt hier in eigener Verantwortung", sagte er zu SZ.de. Der Bund könne sich demnach gar nicht von dem Projekt distanzieren.

Dem widerspricht Anton Hofreiter von den Grünen. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses sagte zu SZ.de, der Bericht stelle fest, dass sich das Projekt wirtschaftlich nicht mehr rechne. An der Stelle sei der Bericht "unglaublich eindeutig". Wenn dem so sei, dann dürfe der Bund als Eigentümer weiteren Kostensteigerungen im Aufsichtsrat der Bahn nicht zustimmen. Dessen Aufgabe sei es, Schaden von dem Unternehmen abzuwenden.

An ein schnelles Ende des Projektes glaubt Hofreiter dennoch nicht. "Das Projekt ist erst dann tot, wenn der Weiterbau für die Kanzlerin einen größeren politischen Schaden darstellt, als ihn einzustellen. Dass es Unsinn ist, ist schon länger bekannt." Angela Merkel hatte den Bau von Stuttgart 21 in der Vergangenheit mehrfach mit ihrem Namen verbunden.

Grünen-Parteichef Cem Özdemir forderte, Bundesregierung und Bahn müssten "das Katz-und-Maus-Spiel mit der Öffentlichkeit endlich beenden und alle relevanten Dokumente offenlegen." Der Bund könne es sich nicht leisten, "im Zweifel immer weitere Milliarden für einen Tiefbahnhof aufzubringen, schon gar nicht auf Kosten anderer dringender Bahnprojekte in Deutschland", sagte Ödzemir Spiegel Online.

"Aus dem Ruder gelaufen"

Uwe Beckmeyer, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sieht jetzt den Bahn-Vorstand um Rüdiger Grube in der Pflicht. Wenn der Weiterbau unwirtschaftlich sei, dann müsse er "das Projekt von sich aus beenden", sagt er zu SZ.de.

Der Bericht lege nahe, dass "das gesamte Projekt aus dem Ruder gelaufen ist". Der Bahnvorstand "bewegt sich momentan auf sehr dünnem Eis", sagte Beckmeyer. Er sei kurz davor, das Unternehmensziel aus dem Auge zu verlieren. "Das ist in der Regel ein Grund, sich von Bahnvorständen zu trennen."

Der Aufsichtsrat der Bahn will auf einer Sondersitzung über das weitere Vorgehen entscheiden. Ein Termin ist noch nicht bekannt.

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