Düsseldorf (dpa/lnw) - Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) hat große Probleme im Bus- und Bahnverkehr eingeräumt. Das gravierendste Defizit sei der Fachkräftemangel, sagte er am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde des Düsseldorfer Landtags. Die Landesregierung nehme - deutschlandweit einzigartig - selbst Geld in die Hand, um mit Fokus auf die Bahn auszubilden und damit einen Personalnotstand zu beseitigen.
„Das kann kein Dauerzustand sein, dass die öffentliche Hand hier die Qualifizierung vornimmt“, betonte Krischer. „Das müssen die Unternehmen und die Verbünde am Ende schon selber machen. Das ist deren Aufgabe.“ Die Landesregierung kümmere sich um bessere Rahmenbedingungen, dass sie dem auch wieder nachkommen könnten. Auch der SPD-Abgeordnete Gordan Dudas sieht „die Bahn in der Pflicht“, dringend bessere Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen zu schaffen, „um mehr Menschen für diesen wichtigen Beruf zu gewinnen“.
Die harsche Kritik - vor allem von AfD und FDP - die von „Chaos“ im Nahverkehr sprachen und der schwarz-grünen Landesregierung etliche Versäumnisse anlasteten, wies Krischer zurück. Derzeit gebe es sehr viele Baustellen im Schienenverkehrsnetz, die zu unpünktlichen Zügen und Ausfällen führten, räumte der Minister ein.
Die Landesregierung investiere aber in das Netz. Deshalb sei er „froh um jede Baustelle, die wir haben“, weil die marode Infrastruktur damit verbessert werde. „Das ist der Preis, den der Verkehrsminister dieses Landes zahlen muss, dass es vielleicht nicht Beifall gibt für Baustellen, aber dass das nachgeholt wird, was in der Vergangenheit versäumt wurde.“
Die bis zum Sommer noch gemeinsam mit der CDU regierende FDP warf der schwarz-grünen Koalition vor, schlecht auf die von vielen Bürgern als „Katastrophe“ empfundene Situation im Nahverkehr zu reagieren. Zahlreiche Züge fielen aus oder seien überfüllt, kritisierte FDP-Vizefraktionschef Christof Rasche. „Viele Pendler fühlen sich im Stich gelassen.“ Das „Chaos auf der Schiene“ führe zu Verkehrsverlagerungen auf die Straße. Die von Schwarz-Grün propagierte Verkehrswende könne so niemals erreicht werden.
Ähnlich argumentierte die AfD, die die Aktuelle Stunde wegen zahlreicher Ausfälle im Regionalverkehr beantragt hatte. Dabei handle es sich nicht nur um einen akuten Engpass, sondern eigentlich um einen Dauerzustand, kritisierte der AfD-Abgeordnete Klaus Esser. Er forderte CDU und Grüne auf, ihr „Dogma der Verkehrswende“ mit festgelegten Zielen zur Minderung von Autoverkehr und Emissionen sowie zum Ausbau des Radverkehrs aufzugeben und dafür in allen Verkehrsbereichen „Grundsicherung statt Notfallpläne“ zu schaffen.
Abgeordnete von CDU und Grünen sprachen der AfD mit Blick auf deren Wahlprogramm ein ernsthaftes Interesse am Nahverkehr ab. Die rechtspopulistische Partei wolle lediglich „auf den Zug der Kritik an der Bahn aufspringen“, sagte die Grünen-Abgeordnete Laura Postma. Der CDU-Abgeordnete Oliver Krauß warf Esser vor: „Sie verlesen hier Verkehrsnachrichten anstatt sich mit Fakten zu befassen.“ Die AfD sei eine „Fraktion des Individualverkehrs“, die keinerlei praktikable Vorschläge liefere. Der AfD-Abgeordnete Christian Loose wies das zurück.
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