Verkehr:Zu vage, zu viel Futur

Bis zuletzt versuchten Köln und Bonn, Fahrverbote für Dieselautos zu verhindern. Doch ihre Pläne für bessere Luft überzeugen das Gericht nicht, es will sich nicht länger vertrösten lassen. Und kommende Woche wird über Gelsenkirchen und Essen verhandelt.

Von Benedikt Müller, Köln

Bis zuletzt hatten Köln und Bonn versucht, ein solches Urteil zu vermeiden. Noch am Tag vor der Verhandlung am Verwaltungsgericht Köln legte die Bezirksregierung einen neuen Entwurf des Plans für sauberere Luft in der Millionenstadt vor. Doch dem Vorsitzenden Richter Michael Huschens kamen die Ideen nicht nur zu kurzfristig, sondern auch zu vage vor: "Sie haben sehr oft das Futur gebraucht", kritisierte er zu Prozessbeginn: zu viel "in Kürze" enthalte das Papier, zu wenig Belastbares. Also entschied das Gericht, dass Köln und Bonn im Frühjahr 2019 Fahrverbote für ältere Dieselautos verhängen müssen.

Da half es nichts, dass die Bezirksregierung auf 6000 Handwerksbetriebe verwies, die in der Kölner Umweltzone ansässig seien. Oder auf Stadtbahnen und Busse, die schon heute in Stoßzeiten ausgelastet seien. Man brauche noch mehr Daten von Gutachtern, argumentierte die Verwaltung vergeblich, damit man prüfen könne, ob Fahrverbote verhältnismäßig wären.

Nein, entschied Huschens, die Stickoxidgrenzen gelten schließlich schon seit dem Jahr 2010. "Das Kind liegt seit neun Jahren im Brunnen." Bereits im Jahr 2015 hatte die Deutsche Umwelthilfe gegen die Luftreinhaltepläne von Köln und Bonn geklagt. Da das sprichwörtliche Kind schon so lange im Brunnen liege, sagte der Richter, müsse man nun eben härter durchgreifen. Dass die Stadt Köln auch auf die Stickoxidemissionen von Lastwagen, Rheinschiffen oder nahen Braunkohlekraftwerken verwies, überzeugte das Gericht auch nicht.

Im Fall Bonn beschränkten die Richter das Fahrverbot auf die Reuterstraße und den Belderberg. Die frühere Bundeshauptstadt hatte ihren Luftreinhalteplan rechtzeitig vor der Verhandlung erneuert. Demnach will der Bonner Nahverkehr engere Takte einführen sowie ein Jahresticket, das nur einen Euro pro Tag kosten soll, damit mehr Städter auf Bus und Bahn umsteigen. Auch will die Stadt ihre Busflotte bis zum Jahr 2030 auf Elektroantrieb umstellen, um Stickoxidemissionen einzusparen.

Der Streit um Fahrverbote wird indes schon in der kommenden Woche weitergehen. Dann wird sich das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen mit der dicken Luft in Essen und Gelsenkirchen befassen. Allein in Nordrhein-Westfalen hat die Deutsche Umwelthilfe Klagen gegen 14 Städte eingelegt oder zumindest angekündigt, die den Stickoxidgrenzwert der EU überschritten haben.

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