Verkehr:Grüne wollen Autobahnbau stoppen

Parteichefin Baerbock und Fraktionschef Hofreiter: Fernstraßen sind auf Klimaziele und Wirtschaftlichkeit zu prüfen.

Von Markus Balser, Berlin

Ein Jahr vor der Bundestagswahl dringt die Grünen-Spitze auf einen Wandel der deutschen Verkehrspolitik. Partei- und Fraktionsführung fordern ein Moratorium für neue Autobahnen und Bundesstraßen. "Wir brauchen eine andere Verkehrspolitik", sagte die Parteivorsitzende Annalena Baerbock der Süddeutschen Zeitung. "Die Planungen für Autobahnen und Bundesstraßen müssen grundsätzlich auf die Einhaltung der Klimaziele, Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit überprüft werden", sagte Fraktionschef Anton Hofreiter.

Die Grünen wenden sich mit dem Vorstoß gegen die dominierende Rolle des Autoverkehrs in der Politik. "Die Verkehrsplanung der Bundesregierung zementiert für die nächsten zehn Jahre zahllose Straßenprojekte und konterkariert die deutschen Klimaziele", sagte Hofreiter. Andere Mobilitätsformen wie Bus, Bahn und Radverkehr müssten ausgebaut werden, forderte er. Der Autoverkehr gehört seit Jahren zu den großen Treibhausgas-Emittenten in Deutschland. Er trägt maßgeblich dazu bei, dass Deutschland seine Vorgaben aus dem Abkommen von Paris verfehlt.

Das Bundesfernstraßennetz gilt mit 13 000 Autobahn- und 38 000 Bundesstraßenkilometern bereits als eines der dichtesten in Europa. Die Planung von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sieht bis 2030 dennoch 80 Neubauprojekte und mehr als 200 Ausbauprojekte allein bei Autobahnen vor. Auch im vergangenen Jahr lag die Straße deutlich vor der Schiene: Das Autobahnnetz wuchs um 61 Kilometer, bei Bundesstraßen kamen 122 Kilometer hinzu. Dagegen waren es bei der klimafreundlichen Bahn nur sechs neue Kilometer. In den nächsten Jahren ändert sich an den hohen Ausgaben für die Straße wenig. Bis 2030 sieht der aktuelle Bundesverkehrswegeplan Investitionen von 270 Milliarden Euro vor. Die Hälfte der Mittel fließen in Straßen, 40 Prozent in Bahnstrecken, der Rest in Flüsse und Kanäle.

Besonders umstritten und von heftigen Protesten begleitet ist derzeit der Weiterbau der A49 in Hessen. Dort wird gegen Rodungsarbeiten demonstriert. Die Grünen fordern nun, das Projekt aufzuhalten. "Der Bund muss den Weiterbau der A49 jetzt stoppen, damit die wertvollen Bäume stehen bleiben können", sagte Baerbock. Der Weiterbau sei "verkehrspolitisch, umweltpolitisch und klimapolitisch falsch". Damit gerät allerdings auch Hessens grüner Verkehrsminister Tarek Al-Wazir in Bedrängnis. Er hatte das Projekt mit der Union im Koalitionsvertrag des Landes besiegelt.

Der Grünen-Vorstoß löste heftige Reaktionen aus. Das Verkehrsministerium von Andreas Scheuer (CSU) lehnte ihn postwendend ab. Der Bund halte auch an der Fertigstellung der A49 fest. Sie entlaste andere Verbindungen und Orte und verkürze Fahrzeiten. Der rechtliche Status sei klar. Es bestehe vollziehbares Baurecht. Union, SPD und FDP reagierten verärgert. "Ein grundsätzliches Aus für den Straßenbau kann und wird es nicht geben", sagte Ulrich Lange, Fraktionsvize der Union. Ein Stopp würde Staus zementieren und Umweltschäden verursachen, warnte Sören Bartol von der SPD. "Als Transitland im Herzen Europas brauchen wir eine moderne Infrastruktur", sagte der verkehrspolitische Sprecher der FDP, Oliver Luksic.

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