Verhandlungen über neues Wahlrecht:Union lädt Linkspartei zu Beratungen ein

Eine "Ausgrenzungspolitik" hatten die Linken der Regierungskoalition vorgeworfen. Die Partei sollte von den Beratungen über das neue Wahlrecht ausgeschlossen werden. Nun lenkt die Union ein. Am Ende setze sich eben doch manchmal die Vernunft durch, kommentiert dies die Linke spitz.

Robert Roßmann, Berlin

An den Beratungen über ein neues Wahlrecht darf nun auch die Linkspartei teilnehmen. Das stellte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, am Montag klar. Die erste Sitzung soll am 28. August in Räumen des Bundestags stattfinden. Gegen einen möglichen Ausschluss der Linken hatte es heftige Proteste gegeben.

Michael Grosse-Brömer

Von einem "Einlenken" der Union will Michael Grosse-Brömer nicht reden.

(Foto: dpa)

Der stellvertretende Vorsitzende und Wahlrechtsexperte der Unionsfraktion, Günter Krings, hatte Ende Juli gesagt, Ziel der Koalition sei es, "mit SPD und Grünen" zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. "Die Notwendigkeit, hier zwingend auch die Linkspartei mit ins Boot zu holen", sehe er nicht. Das Ganze sei "schon kompliziert genug".

Die Linken hatten der Koalition daraufhin vorgeworfen, ausgerechnet bei einer so wichtigen Frage wie dem Wahlrecht eine "Ausgrenzungspolitik" zu betreiben. Fraktionschef Gregor Gysi sagte, dies zeige die "Kleinkariertheit der Union" und deren ideologische Enge. Auch die Grünen hatten den Ausschluss kritisiert. Deren parlamentarischer Geschäftsführer Volker Beck forderte die Unionsfraktion am vergangenen Freitag schriftlich auf, ihre Blockadehaltung aufzugeben. In seinem Antwortschreiben an Beck teilte Grosse-Brömer jetzt mit, dass auch die Linke einbezogen werde.

Grosse-Brömer versuchte den Eindruck zu zerstreuen, dabei handele es sich um ein "Einlenken" der Union. Er selbst habe "nie behauptet, die Linke nicht einzuladen", schrieb Grosse-Brömer im Kurznachrichtendienst Twitter. Das stimmt zwar, allerdings hatte die Union bis zu diesem Montag dem von Krings verbreiteten Eindruck, die Linke werde von den Gesprächen ausgeschlossen, nicht widersprochen.

Die Linke begrüßte die Klarstellung der Union. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ulrich Maurer sagte der Süddeutschen Zeitung: "Am Ende setzt sich manchmal halt doch die Vernunft durch."

An den Gesprächen über das neue Wahlrecht werden jetzt die parlamentarischen Geschäftsführer aller Fraktionen teilnehmen. Sie sollen einen Kompromiss ausloten. Notwendig wurden die Gespräche durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juli. Die Richter hatten darin das geltende Wahlrecht für verfassungswidrig erklärt.

Dabei verurteilten sie vor allem die Vielzahl der Überhangmandate. Bei der Bundestagswahl 2009 hatte die Union dadurch 24 zusätzliche Sitze errungen. Da auf Bundesebene Überhangmandate nicht ausgeglichen werden, können durch sie im Extremfall die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag umgekehrt werden. Die Karlsruher Richter entschieden nun, dass es künftig höchstens 15 ausgleichslose Überhangmandate geben darf.

Bei den Gesprächen zwischen den Fraktionen wird es deshalb darum gehen, ob künftig alle Überhangmandate ausgeglichen werden, oder ob eine solche Verrechnung erst vom 16. Mandat an beginnt. Bei einem kompletten Ausgleich würde die Union ihren Vorteil verlieren, allerdings würde dadurch auch das Parlament aufgebläht. Der Unionsexperte Krings sagte der SZ, er wolle "den Verhandlungen nicht vorgreifen". Die Union schließe deshalb "weder die vom Gericht genannte Grenze von rund 15 Überhangmandaten noch einen vollständigen Ausgleich aller Überhangmandate aus."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: