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Verhandlungen in Genf:Israel warnt vor Atom-Kompromiss mit Iran

Im Streit um das iranische Atomprogramm könnte es womöglich zu ersten Ergebnissen kommen: Nach US-Außenminister Kerry reisen nun auch seine Amtskollegen Westerwelle und Fabius zu den Verhandlungen der "5+1-Gruppe" nach Genf. Kerrys Zwischenstopp in Israel verläuft allerdings eher unerfreulich.

Bei den Atomgesprächen mit Iran deutet sich nach jahrelangem Stillstand möglicherweise ein erster Durchbruch an. Am zweiten Tag der Verhandlungen reisen neben US-Außenminister John Kerry auch sein britischer Kollege William Hague, der amtierende Bundesaußenminister Guido Westerwelle und Frankreichs Ressortchef Laurent Fabius nach Genf. Sie kommen dort zu Gesprächen mit dem iranischen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif zusammen.

Es sei ein wichtiger Moment der Verhandlungen, hieß es am Freitag aus Kreisen des Auswärtigen Amtes in Berlin. Am Morgen habe Westerwelle bereits mit seinen Kollegen in Frankreich und Großbritannien gesprochen. Ähnlich äußerte sich das französische Außenministerium. Ein Textentwurf werde diskutiert und Fabius sei der Ansicht, dass dies ein Zeitpunkt sei, "der eine Diskussion auf Ministerebene erfordere", sagte ein Sprecher.

Bereits am Donnerstagabend hatte ein Sprecher die EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton von "Fortschritten" gesprochen. Auch Sarif bezeichnete die Verhandlungen als äußerst positiv.

Streit zwischen Kerry und Netanjahu

Die jüngsten Entwicklungen werden von Beobachtern als Indiz gewertet, dass eine Annäherung bevorstehen könnte. Möglicherweise, so schreibt das Wall Street Journal, könnte eine erste Einigung schon an diesem Freitag bekanntgegeben werden. Beide Seiten seien dabei, einen Entwurf auszuarbeiten, hieß es unter Berufung auf westliche und iranische Offizielle.

Auf dem Verhandlungstisch in Genf liegt eine Übergangslösung, wie es aus Delegationskreisen hieß. Demnach soll Teheran sein Atomprogramm zunächst aussetzen. Im Gegenzug sollen einige der gegen das Land verhängten Wirtschaftssanktionen aufgeweicht oder auf ausländischen Bankkonten blockierte Gelder aus Öleinnahmen freigegeben werden. In einem zweiten Schritt soll dann über ein umfassenderes Abkommen verhandelt werden. Dieses soll sicherzustellen, dass der Iran nicht unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms an Atomwaffen arbeitet.

Entgegen der Zuversicht auf Seiten der Verhandlungsteilnehmer stoßen die positiven Signale im Atomstreit auf Widerstand in Israel. Vor seiner Reise nach Genf kam Kerry noch einmal mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu zusammen. Bei dem Gespräch am Freitagmorgen auf dem Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv kam es offenbar zu einer Auseinandersetzung der beiden Politiker. Kerry habe den gemeinsamen Presseauftritt kurzfristig abgesagt, um einen öffentlichen Streit zu vermeiden, schrieb die Zeitung Haaretz. Bei seinem Statement sagte Netanjahu, dass sein Land eine mögliche Vereinbarung mit Iran ablehne: "Israel ist an diese Übereinkunft nicht gebunden und wird alles tun, was zu seiner Verteidigung und der Sicherheit seiner Bevölkerung nötig ist."

Schon am Vortag hatte Netanjahu seinen Ärger über ein mögliches Zwischenabkommen mit Iran deutlich gemacht. "Ich bin völlig fassungslos. Das ist ein historischer Fehler", schimpfte er. "Für Iran ist es der Deal des Jahrhunderts, weil Iran nichts gibt und den ganzen Druck aus dem Dampfdruckkocher der Sanktionen herausbekommt." Bereits in der Vergangenheit hatten israelische Politiker indirekt mit einem militärischen Präventivschlag gegen iranische Atomanlagen gedroht.

Obama stellt "Erleichterungen" für Iran in Aussicht

US-Präsident Barack Obama sprach in einem NBC-Interview von der Möglichkeit eines Abkommens in Phasen. Es könne "sehr maßvolle Erleichterungen" geben. Die Sanktionen blieben aber in Kraft. Sie würden verschärft werden, wenn Iran seinen Verpflichtungen nicht nachkomme.

In Genf verhandelt seit Donnerstag die sogenannten 5+1-Gruppe - bestehend aus den fünf UN-Vetomächten China, Großbritannien, Frankreich, Russland und den USA sowie Deutschland - mit Iran.

Die neue Regierung in Teheran will die Sorge ausräumen, dass Iran eine Atombombe bauen will. Sie fordert aber im Gegenzug die Anerkennung des Rechts auf ein ziviles Atomprogramm, einschließlich der Urananreicherung auf bis zu fünf Prozent, sowie die Aufhebung von Wirtschaftssanktionen.

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