Süddeutsche Zeitung

Verhandlungen in Ägypten:Richter bei Mubarak-Prozess erklärt sich für befangen

Gerade erst hat der Mammutprozess gegen den früheren ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak begonnen, als der zuständige Richter Mustafa Hassan Abdullah nach wenigen Minuten für eine Überraschung sorgt: Er zieht sich aus dem Verfahren zurück - das Berufungsgericht soll einen anderen Richter bestimmen.

Der Mammutprozess gegen den früheren ägyptischen Langzeitpräsidenten Hosni Mubarak ist wenige Minuten nach seinem Beginn wieder unterbrochen worden. Der zuständige Richter, Mustafa Hassan Abdullah, sagte am Samstagmorgen, er ziehe sich von dem Verfahren zurück und verwies den Fall wieder an das Berufungsgericht. Dieses solle einen anderen Richter bestimmen.

Der Richter hat sich gleich zum Auftakt für befangen erklärt. Er sagte, dass er "Unbehagen" empfinden würde, sollte er selbst das Revisionsverfahren leiten. Hassan Abdullah hatte in einem anderen Verfahren Funktionäre des Mubarak-Regimes freigesprochen.

Zu Beginn der Verhandlungen gab es am Samstag mehrfach Zwischenrufe einiger Anwälte der Opferfamilien. Sie forderten den Rücktritt des Richters. Wann der Prozess gegen den früheren Machthaber fortgesetzt wird, war zunächst unklar.

Mubarak muss sich in dem neuen Prozess wegen des Todes von Demonstranten während der Revolution Anfang 2011 verantworten. Der 84-jährige ägyptische Ex-Präsidenten war bereits im Juni 2012 wegen derselben Delikte zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Im Januar hob die Justiz das Urteil jedoch wegen Verfahrensmängeln wieder auf, der Prozess wird nun neu aufgerollt.

Hoffnungen von Mubaraks Gegnern auf die Todesstrafe dürften sich nicht erfüllen. Denn nach geltendem ägyptischen Recht darf das neue Urteil die Höchststrafe im vorigen Prozess nicht überschreiten. Seine Verteidiger hatten im Januar argumentiert, das Urteil sei fehlerhaft gewesen und Mubarak unfair behandelt worden.

Neben Mubarak müssen sich auch sein Innenminister Habib al-Adli und sechs ehemalige ranghohe Vertreter der Sicherheitskräfte erneut vor Gericht verantworten. Auch der Korruptionsprozess gegen Mubaraks Söhne Alaa und Gamal sollte erneut aufgerollt werden. Mubarak war am 11. Februar 2011 nach wochenlangen blutigen Protesten gestürzt worden.

Mubarak, dessen Gesundheitszustand labil ist, war am Samstag per Hubschrauber vom Militärkrankenhaus in einem Vorort von Kairo zur Polizeiakademie der ägyptischen Hauptstadt gebracht worden, wo der Prozessauftakt stattfand. Anschließend wurde er mit einem Krankenwagen transportiert und auf einer Trage in das Gebäude geschoben.

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