Verhältnis Deutschland-Frankreich:Erste Knirschgeräusche

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Die Alleingänge von Frankreichs Präsident Sarkozy sorgen in Berlin für Stirnrunzeln. Trotz anderslautender Bekundungen mehren sich die Reibungspunkte in den deutsch-französischen Beziehungen.

Nico Fried

Vergangenen Dienstag im Kabinett übte sich Frank-Walter Steinmeier in Süffisanz. Er habe zur Kenntnis genommen, so zitierten Teilnehmer den Außenminister, dass der französische Präsident Nicolas Sarkozy den Beitrag des Emirs von Katar zur Befreiung der bulgarischen Krankenschwestern aus libyscher Gefangenschaft gewürdigt habe.

Womit Steinmeier vor allem zum Ausdruck brachte, bei wem sich die Franzosen nicht bedankten. Beim deutschen Außenminister zum Beispiel, der sich in der EU-Ratspräsidentschaft intensiv für die Krankenschwestern eingesetzt hatte.

Die kleine Episode steht symbolisch für eine ziemlich große Verärgerung in der Bundesregierung, aber auch im Parlament. Das deutsch-französische Verhältnis läuft, allen Bekundungen beim Gipfel in Toulouse zum Trotz, nicht rund. Immer wieder gibt es Reibereien, mangelnde Absprachen und auch eklatante Meinungsverschiedenheiten.

Jüngster Anlass ist das Atom-Geschäft Sarkozys mit dem libyschen Präsidenten Muammar el-Gaddafi, das in Berlin mit großer Verwunderung aufgenommen wurde. Selbst ein besonnener Mann wie Ruprecht Polenz (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, formulierte am Freitag eine klare Warnung: Frankreich möge sein Gewicht doch "in die europäische Waagschale" werfen. "Dazu gehören rechtzeitige Konsultationen und die Bereitschaft zum Kompromiss", so Polenz.

Auf Seiten der Bundesregierung anerkannte man anfangs durchaus die Unterstützung, die Sarkozy auf dem G-8-Gipfel in Heiligendamm wie auf dem EU-Gipfel in Brüssel in schwierigen Verhandlungen geleistet hatte.

Dass er sich hinterher zu Hause jeweils als eigentlicher Manager der Kompromisse feiern ließ, quittierten Kanzler- wie auch Auswärtiges Amt mit Generosität. Auch die Art, wie Sarkozy seinen Kandidaten Dominique Strauss-Kahn als neuen IWF-Chef durchsetzte, ließ man ihm noch durchgehen, obwohl der Mann in Paris alle guten Gepflogenheiten sausen ließ und viele Regierungen informierte, nur nicht die deutsche. Doch nun schlägt die Stimmung um.

Deutschlands Kosovo-Vorschläge blockiert

Zielstrebig und ohne größere Konsultationen markiert Sarkozy französische Einflusszonen in der Außenpolitik. Kaum im Amt, organisierte sein Außenminister Bernard Kouchner mit viel Pathos, aber geringem Ertrag eine Libanon-Konferenz ohne europäische Beteiligung.

Sarkozy drängte zudem zu einer Truppenentsendung in den Tschad und machte damit vor seiner Libyenreise deutlich, dass er Afrika vor allem als französische Angelegenheit betrachte.

Dann ventilierte er noch die Idee einer Mittelmeer-Union, von der bis heute niemand genau weiß, wie sie sich vom bestehenden Barcelona-Prozess der EU mit den südlichen Anrainerstaaten unterscheiden soll. Die Stellungnahmen in Berlin fielen entsprechend zurückhaltend aus.

Doch damit nicht genug. Umgekehrt legten die Franzosen den Deutschen gerne mal einen Stein in den Weg. Steinmeiers Vorschlag, die weiteren Gespräche mit Serben und Kosovaren über die Zukunft des Kosovo aus den Vereinten Nationen in eine Troika aus den USA, Russland und der Europäischen Union zu überführen, fand Fürsprecher von Washington bis Moskau und auch allenthalben in der EU. Nur nicht in Paris.

Fast bis zuletzt wehrten sich die Franzosen gegen diese Idee und lenkten erst ein, als sie nahezu isoliert waren. Dann allerdings waren sie gleich wieder bei den Ersten mit dabei, die für den Vertreter der Europäischen Union einen Personalvorschlag präsentierten: selbstverständlich einen Franzosen.

Mit gewissem Interesse erwartet man nun in Berlin, wie sich ein zweiter starker Akteur in Europa künftig positioniert: der neue britische Premier Gordon Brown. Traditionell sieht man in London ein gutes deutsch-französisches Zusammenspiel mit gemischten Gefühlen.

Tony Blair versuchte einst, mit dem Schröder-Blair-Papier diese Verbindung zu sprengen - vergeblich. In guter Erinnerung ist in Berlin aber auch noch der gegenteilige Ansatz: 1998 hatte es Blair nämlich erst einmal mit den Franzosen versucht. In St. Malo in der Bretagne starteten er und Präsident Jacques Chirac eine europäische Verteidigungsinitiative, von der Deutschland überrascht wurde. Diesem Geist von St. Malo möchte man in Berlin nicht noch einmal begegnen.

© SZ vom 28.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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