Vergewaltigungsprozess: Katzav verurteilt:"Er hat Gewalt eingesetzt"

Ein Bezirksrichter in Tel Aviv hat den ehemaligen israelischen Präsidenten Katzav wegen Vergewaltigung in zwei Fällen und sexueller Nötigung schuldig gesprochen. Es ist das Ende eines bizarren Prozesses.

Barbara Vorsamer

Prozesse, in denen es um Vergewaltigung oder sexuelle Belästigung geht, sind schwierig für die Gerichte. Meistens gibt es keine Beweise, fast immer steht ein Wort gegen das andere. Das ist im Fall von Jörg Kachelmann so, im Fall von Julian Assange - und im Fall des ehemaligen israelischen Präsidenten Mosche Katzav. Bei diesen Fällen allerdings mischt sich die Öffentlichkeit von Anfang an in das Geschehen ein. Die Medien versorgen das Publikum mit den pikanten Details und die Allgemeinheit bildet sich ein Urteil.

File picture of Israel's President Katsav at ceremony in Jerusalem

Der ehemalige israelische Präsident Mosche Katzav (Archivbild)

(Foto: REUTERS)

Bei Mosche Katzav hatte sie das bereits getan, bevor das Bezirksgericht in Tel Aviv an diesem Donnerstag sein Urteil gesprochen hat. Einem Bericht der Zeitung Haaretz zufolge waren drei von vier Israelis der Meinung, der ehemalige Staatspräsident sollte wegen Vergewaltigung verurteilt werden.

Als der Tel Aviver Bezirksrichter George Kara am Donnerstag das Urteil gegen den 65-Jährigen verkündete, da bestätigte er die Einschätzung der Israelis und sprach Katzav wegen Vergewaltigung in zwei Fällen und sexueller Nötigung schuldig.

Der Richter betonte, die Klägerin, die Katsav Vergewaltigung in zwei Fällen vorwarf, habe die Wahrheit gesagt. Katsav habe sich hingegen in Lügen verstrickt. "Es ist bewiesen, dass es keine Einwilligung gab", hieß es in dem Urteil. "Er hat Gewalt eingesetzt." Die Zeugen der Verteidigung hätten sich als "brüchige Stütze" erwiesen.

"Wir beneiden ihn alle"

Von Anfang an war die Geschichte von Widersprüchlichkeiten geprägt. So war es der Präsident selbst, der die Ermittlungen ins Rollen brachte. Dann kam es zu einem umstrittenen Deal zwischen Staatsanwaltschaft und Katzav, der ihn das Amt kostete, aber eine Haftstrafe ersparen sollte. Ein Jahr später ließ der ehemalige Präsident die Vereinbarung platzen und stellte sich doch dem Gericht.

Außerdem unvergessen: Der ehemalige russische Präsident Wladimir Putin, der nach Bekanntwerden der ersten Vorwürfe für perplexe Reaktionen sorgte, als er Katzav gratulierte: "Was für ein starker Kerl", sagte Putin bei einem Pressetermin im Glauben, dass alle Journalisten den Raum bereits verlassen hätten. "Zehn Frauen hat er vergewaltigt. Wir beneiden ihn alle."

Seit Sommer 2009 lief der Prozess, zum größten Teil unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Zeitung Haaretz und andere israelische Medien haben nun erzwungen, dass zumindest zur Urteilsverkündung Medien zugelassen sind.

Das bisherige Hin und Her

Die ersten Vorwürfe gegen den damaligen Präsidenten werden im Sommer 2006 laut. Katzav bringt den Stein selbst ins Rollen, als er einer seiner Mitarbeiterinnen Erpressung vorwirft. Diese beschuldigt ihn darauf hin bei der israelischen Polizei der sexuellen Belästigung und der Vergewaltigung. Andere Frauen wagen sich daraufhin ebenfalls an die Öffentlichkeit und warfen dem Likud-Politiker ähnliche Vergehen vor.

Die israelische Staatsanwaltschaft prüft die Vorwürfe - und erhebt wenig später Anklage. Staatsanwalt Menachem Masus glaubt, "ausreichend Beweise " zu haben. Der Präsident lässt sein Amt ruhen, verwehrt sich jedoch gegen Rücktrittsforderungen und beteuert seine Unschuld. Er spricht von einer Verschwörung und wirft Medien, Polizei und Justiz eine "Hexenjagd" vor.

Die nächste Kehrwende

Wenig später überlegt es sich die Staatsanwaltschaft offenbar anders. Angeblich weil die Beweislage nicht stichhaltig genug ist, kommt im Sommer 2007 ein umstrittener Deal zwischen Katzav und der Justiz zustande. Wenige Tage, bevor seine Amtszeit sowieso geendet hätte, tritt er als Staatsoberhaupt zurück und bekennt sich in einigen weniger schweren Anklagepunkten für schuldig. Im Gegenzug kommt er ohne Haftstrafe davon. Öffentlich besteht Katzav allerdings weiterhin darauf, unschuldig zu sein und betont, er habe sich nur seiner Familie zuliebe auf den Deal eingelassen.

Die Vereinbarung löst wütende Proteste aus, besonders Frauenverbände zeigen sich empört. Trotzdem bestätigt das Oberste Gericht Israels 2008 die Rechtmäßigkeit des Deals.

Dann folgt die nächste Kehrtwende: Katzav lässt den Deal platzen und will nun doch in einem normalen Prozess seine Unschuld beweisen. In diesem Prozess wurde nun das Urteil gesprochen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: