Verfassungsschutzchef:Maaßen soll nun doch gehen

Hans-Georg Maaßen

Der scheidende Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen

(Foto: dpa)
  • Der scheidende Verfassungsschutzchef Maaßen kann möglicherweise nicht ins Bundesinnenministerium wechseln.
  • Das Bundesinnenministerium scheint öffentlich von ihm abzurücken.
  • Maaßen hat offenbar heftige Kritik an der SPD geäußert. Von "teilweise linksradikalen Kräften" in der Partei soll er intern gesprochen haben.

Von Constanze von Bullion und Ronen Steinke, Berlin

Auf Druck der SPD ist Hans-Georg Maaßen vor fünf Wochen als Chef des deutschen Inlandsgeheimdienstes entlassen worden. Seither leitet er das Bundesamt für Verfassungsschutz nur kommissarisch. Nun hat Maaßen offenbar heftige Kritik an der SPD geäußert. Von "teilweise linksradikalen Kräften" in der Partei soll er intern gesprochen haben und von Politikern, die "Hetzjagden erfinden".

Hintergrund ist nach Informationen aus Sicherheitskreisen eine Rede, die Maaßen Ende Oktober im Rahmen des sogenannten Berner Clubs gehalten hat, einer Runde von 30 Chefs europäischer Inlandsgeheimdienste, die zwei Mal im Jahr zusammenkommt. Das Manuskript hat Maaßen anschließend ins Intranet des Bundesamts für Verfassungsschutz gestellt, versehen mit einem Abschiedsgruß an die Mitarbeiter des Hauses, das er demnächst verlassen sollte, um ins Bundesinnenministerium zu wechseln.

Maaßens Äußerungen würden "derzeit geprüft"

Anders als bisher scheint nun erstmals auch das CSU-geführte Bundesinnenministerium öffentlich von Maaßen abzurücken. Ein Ministeriumssprecher sagte, die Äußerungen Maaßens würden "derzeit geprüft". "Nach Abschluss der Prüfung wird der Minister die Konsequenzen ziehen." Im Innenministerium, das von Horst Seehofer geleitet wird, hatte man bislang stets zu Maaßen gehalten. Seehofer hatte ihn ursprünglich als Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz halten wollen. Zuletzt hatte er vorgehabt, Maaßen auf einen Posten im Rang eines Abteilungsleiters ins Ministerium zu übernehmen. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, wird daraus möglicherweise nichts.

"Wenn Herr Maaßen uns als linksradikal bezeichnet, spricht das für sein krudes Verständnis von Politik", sagte am Sonntagabend der SPD-Bundestagsabgeordnete und Geheimdienstkontrolleur Uli Grötsch. In Maaßens Manuskript sollen sich mehrere zugespitzte Bemerkungen finden, die sich unter anderem auf die Vorfälle in Chemnitz Anfang September beziehen. Dort war es nach der Tötung eines Mannes zu tagelangen, teils offen rassistischen Ausschreitungen gekommen.

Maaßen hatte sich damals in der Bild-Zeitung mit Äußerungen zitieren lassen, die von Kritikern als ein Beschwichtigen und ein Kleinreden der Gewalt aufgefasst worden waren. Unter anderem hatte er Zweifel an der Echtheit eines Videos geschürt, das eine Gewaltszene zeigen soll. Auch hatte er Politiker kritisiert, die wie die Kanzlerin von Hetzjagden durch Rechtsextreme sprachen. Der Fall hatte sich zu einer Krise für die Koalition aus Union und SPD entwickelt, auch weil Maaßen trotz aufkommender Empörung kaum etwas von seinen Äußerungen zurücknahm.

Seehofer hatte Beförderung vorgesehen

Ungeachtet der Empörung hatte Seehofer ihn zunächst zum Staatssekretär in seinem Ministerium befördern wollen. Nach öffentlicher Kritik sollte Maaßen lediglich einen niedriger dotierten Posten erhalten, die Position eines Sonderberaters für europäische und internationale Angelegenheiten. Derweil bekräftigte Maaßen seine Äußerungen zu Chemnitz nicht nur im Innenausschuss des Bundestages, sondern zuletzt auch in einem Brief an ARD-Chefredakteur Kai Gniffke. Manche Maaßen-Kritiker im Bundesamt für Verfassungsschutz sollen den Eindruck gewonnen haben, er lege es mit demonstrativer Uneinsichtigkeit geradezu auf seine Entlassung an.

Das Innenministerium will nun unter anderem prüfen, ob Maaßen in seiner Rede im Berner Club tatsächlich die Worte gesprochen hat, die in seinem Manuskript standen. Ob er also seine Kritik auch an der SPD tatsächlich vor europäischen Amtskollegen geäußert hat - oder "nur" schriftlich gegenüber allen Mitarbeitern des Bundesamts für Verfassungsschutz.

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