Verfassungsschutzbericht:Neonazis in der NPD auf dem Vormarsch

Das neonazistische Spektrum hat seinen Einfluss innerhalb der NPD ausgebaut - trotzdem lehnt Innenminister Schäuble ein neues Verbotsverfahren ab.

Trotz eines wachsenden Einflusses von Neonazis in der NPD lehnt Innenminister Wolfgang Schäuble ein Verbotsverfahren gegen die rechtsextremistische Partei weiter ab. "Ich halte nichts davon, Verbotsverfahren zu betreiben, die auf tönernen Füßen stehen", sagte er am Dienstag bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2008 in Berlin.

Verfassungsschutzbericht: Skinheads bei einem Neonazi-Aufmarsch

Skinheads bei einem Neonazi-Aufmarsch

(Foto: Archiv-Foto: dpa)

Der CDU-Politiker verwies auf die hohen Hürden, die das Bundesverfassungsgericht für ein Verbot aufgestellt hat. Ein erstes Verbotsverfahren war 2003 gescheitert, weil ein Teil des Beweismaterials auf Informationen von V-Leuten des Verfassungsschutzes basierte. Die SPD-Innenminister hatten vor zwei Wochen einen neuen Vorstoß für einen Verbotsantrag gestartet und eine Materialsammlung vorgelegt, die die Verfassungsfeindlichkeit der Partei belegen soll.

Laut Verfassungsschutzbericht ist die Mitgliederzahl der NPD im vergangenen Jahr von 7200 auf etwa 7000 leicht gesunken. Die Rolle der Neonazis in der Partei sei aber gewachsen, sagte Schäuble. "Das neonazistische Spektrum gewinnt innerhalb der NPD größeren Einfluss." Insgesamt stieg die Zahl der Neonazis in Deutschland laut Verfassungsschutz im vergangenen Jahr deutlich von 4400 auf 4800.

Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm wies Spekulationen über einen baldigen finanziellen Kollaps der NPD zurück. Er sehe "auf absehbare Zeit nicht", dass die schwere finanzielle Krise der NPD zu einer Handlungsunfähigkeit der Partei führen wird. Die NPD war unter anderem wegen einer Strafzahlung an den Bundestag nach einem fehlerhaften Rechenschaftsbericht in Schwierigkeiten geraten.

Neuer Höchststand

Fromm wies darauf hin, dass sich in den vergangenen zwei Jahren eine autonome nationalistische Szene herausgebildet habe, die bei Demonstrationen gezielt die gewalttätige Auseinandersetzung suche. Dies sei "ein neues Phänomen".

Insgesamt erreichten die politisch motivierten Straftaten einen Höchststand. Demnach stieg die Zahl rechtsextremistischer Taten um 15,8 Prozent auf 19.894.

Im linksextremen Bereich lagen die Gewalttaten weiter auf hohem Niveau. Zum gewaltbereiten Spektrum zählt der Bericht 6300 Personen, unter ihnen 5800 sogenannte Autonome.

"Neue Qualität"

Schäuble sieht außerdem eine reale Gefahr für die Sicherheit in Deutschland durch gewaltbereite Islamisten. "Die Bedrohung geht für Deutschland von Islamisten mit Bezug zu unserem Land aus." Terroristische Ausbildungslager im Ausland mit Islamisten, die in Deutschland aufgewachsen seien, stellten eine "reale Gefahr für die Sicherheit in Deutschland" dar.

Verfassungsschutzpräsident Fromm sprach von einer neuen Qualität. Deutschland werde gezielt adressiert und sei im Zielspektrum des islamistischen Terrorismus. Das wichtigste Kommunikations- und Propagandamedium für Islamisten bleibe das Internet.

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