Süddeutsche Zeitung

Verfassungsschutz:Seltener Einblick in die Welt der "Schmutzfüße"

  • V-Leute sind im Auftrag des Verfassungsschutzes als Verräter in radikalen Milieus unterwegs - ein schmutziges Geschäft.
  • Die Behörde bleibt dabei nicht sauber. Das zeigt der Bericht des Grünen-Politikers und Sonderermittlers Jerzy Montag.

Von Tanjev Schultz und Lena Kampf

Es sind "Schmutzfüße", hat der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz mal gesagt. Er meinte damit die V-Leute. Jene Spitzel also, die für das Amt mit seinem Präsidenten Hans-Georg Maaßen als Verräter in radikalen Milieus unterwegs sind. Dass auch die Behörde bei diesem Geschäft nicht sauber bleibt, zeigt ein als geheim eingestufter Bericht des Sonderermittlers Jerzy Montag. Der Grünen-Politiker war vom Parlamentarischen Kontrollgremium als Sachverständiger eingesetzt worden, um den Fall des Neonazi-Spitzels "Corelli" zu untersuchen.

Wie bereits berichtet, gab das Amt insgesamt fast 300 000 Euro für den V-Mann mit dem Decknamen "Corelli" aus. Montag hat aber nicht nur die hohe Summe hinterfragt, sondern generell die Anwerbung des Mannes. Die gut 300 Seiten starke Untersuchung, die SZ, NDR und WDR einsehen konnten, verschafft Einblicke in das V-Mann-Wesen, wie man sie in dieser Schärfe selten bekommt.

Keine V-Leute unter 25 Jahren

So kritisiert der Sachverständige, dass beim Verfassungsschutz nie ernsthaft darüber nachgedacht worden sei, Corelli zu helfen, sich aus der rechten Szene zu lösen. Die Behörden "schienen nicht an dem Aussteiger, sondern nur am möglichen V-Mann interessiert zu sein", schreibt Montag. Bis zu seinem Tod mit 39 Jahren habe Corelli nichts anderes erlebt als ein Leben in der rechten Szene und eine Identität als Verräter. Montag empfiehlt dagegen, Aussteigewillige "vorrangig" beim Ausstieg zu unterstützen. Außerdem will er dem Geheimdienst untersagen, junge Menschen bis 25 Jahre überhaupt als V-Leute anzuwerben.

Der Bericht ist ein Schlag für den Inlandsgeheimdienst, denn er deckt noch weitere Mängel auf. Sie betreffen auch die Ermittlungen zur rechten Terrorgruppe NSU.

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