Süddeutsche Zeitung

Verfassungsschutz:Druck auf Maaßen wird stärker

  • Die Anzeichen verdichten sich, dass die Tage von Hans-Georg Maaßen als Chef des Verfassungsschutzes gezählt sind.
  • Einiges deutet darauf hin, dass neben SPD-Chefin Nahles auch die Bundeskanzlerin Maaßen aus dem Amt haben möchte.
  • Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnte eine baldige Entscheidung in dem Streit an.

Von Stefan Braun, Helsinki, Nico Fried und Constanze von Bullion, Berlin

Die drei Vorsitzenden der Koalitionsparteien wollen an diesem Dienstag über die Zukunft von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen entscheiden. Dabei zeichnet sich zwar ab, dass dessen Tage an der Spitze des Inlandsgeheimdienstes gezählt sind: Vieles spricht dafür, dass neben SPD-Chefin Andrea Nahles auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) seine Ablösung anstrebt. Allerdings ist noch nicht klar, welche politischen Folgen diese Entscheidung für das Regierungsbündnis aus Union und SPD haben würde. Das hängt vor allem davon ab, wie der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer sich verhält, der als Bundesinnenminister zugleich Maaßens Dienstherr ist.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnte eine baldige Entscheidung in dem Streit an. Steinmeier sagte zu Beginn eines Besuchs in Finnland, man dürfe nicht unterschätzen, "wie sehr man sich in Europa ein stabiles Deutschland und eine stabile Regierung als Partner wünscht". Er habe zuletzt bei einem Treffen europäischer Präsidenten in der lettischen Hauptstadt Riga gespürt, mit "welcher Schärfe auf die Innenpolitik in Deutschland geschaut wird". Das gelte nicht zuletzt rund um die Ereignisse in Chemnitz und die Debatten, die sich daran angeschlossen hätten. Aus diesem Grund könne er nur hoffen, dass dort, wo Entscheidungen gefällt werden müssten, diese auch bald fallen.

Kanzlerin Merkel, die sich zu einem Besuch in Algerien aufhielt, ließ am Montag einen Bericht zunächst unkommentiert, sie habe sich für eine Ablösung Maaßens entschieden - im Zweifel auch gegen den Willen Seehofers. Laut der Zeitung Die Welt soll Merkel dies am Wochenende in mehreren Telefonaten mit führenden Koalitionspolitikern signalisiert haben. Eine Regierungssprecherin verwies dazu lediglich auf das für Dienstag anberaumte Treffen sowie auf die Vereinbarung der drei Parteivorsitzenden nach dem ersten Gespräch am vergangenen Donnerstag, Stillschweigen zu bewahren. Seehofer sagte der Süddeutschen Zeitung: "Ich halte mich an das Stillhalteabkommen."

Maaßen steht seit 2012 an der Spitze des Bundesverfassungsschutzes. Er war in die Kritik geraten, nachdem er Zweifel an der Angemessenheit des Begriffs "Hetzjagd" in Zusammenhang mit ausländerfeindlichen Übergriffen in Chemnitz geäußert hatte. Merkel hatte diese Diskussion vergangene Woche im Bundestag als nicht zielführend bezeichnet und Maaßen damit indirekt das Misstrauen ausgesprochen. Auch kritische Äußerungen von CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer in der vergangenen Woche über Maaßen legen den Schluss nahe, dass die CDU-Spitze ihn nicht mehr als Behördenchef halten möchte. Allerdings hatte Kramp-Karrenbauer ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Entscheidung beim Innenministerium liege. FDP-Chef Christian Lindner und Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch forderten die Entlassung Maaßens. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel erklärte hingegen, Maaßen werde bestraft wegen seiner Kritik an Merkels "rechtswidriger Einwanderungspolitik".

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SZ vom 18.09.2018/jael
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