Nachrichtendienste:Stühlerücken im Sicherheitsapparat

Nachrichtendienste: Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, wird auch unter der neuen Regierung seinen Job behalten.

Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, wird auch unter der neuen Regierung seinen Job behalten.

(Foto: Christoph Soeder/dpa)

Die Bundesregierung setzt bei den Geheimdiensten und Sicherheitsbehörden weitgehend auf Kontinuität - mit einer Ausnahme.

Von Ronen Steinke, Berlin

Die neue Bundesregierung plant, im Sicherheitsapparat auch mit Behördenleitern und Geheimdienstchefs mit CDU-Parteibuch weiterzuarbeiten. So soll der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, 61, seine Position behalten. Haldenwang war im November 2018 von Horst Seehofer (CSU) zum Nachfolger des geschassten Hans-Georg Maaßen ernannt worden. Er war seither mit seinem Fokus auf die Bekämpfung des Rechtsextremismus und auch mit seinem Drängen in diesem Bereich hin und wieder in Seehofers Ministerium angeeckt, hatte sich aber unter Vertretern von SPD, Grünen und FDP Anerkennung erworben.

Auch der Präsident des Bundesnachrichtendiensts (BND), Bruno Kahl, 59, CDU-Mitglied und langjähriger Wegbegleiter von Wolfgang Schäuble, darf demnach vorerst weitermachen. Kahl war Schäubles Sprecher in dessen Zeit als Bundesinnenminister von 2005 bis 2009. Das war auch eine Zeit von verschärften Sicherheitsgesetzen. Auch als BND-Chef hat Kahl, der als Mann mit klarem konservativen Profil gilt, Kritik der SPD erfahren - zuletzt etwa, als es um den Abzug westlicher Truppen aus Afghanistan ging und um die Einschätzung der Dynamik im Land durch den deutschen Geheimdienst.

Ein Wechsel steht indes offenbar an der Spitze der Bundespolizei an. Der derzeitige Chef der 50 000 Personen starken, für Grenzschutz und Abschiebungen zuständigen Behörde, Dieter Romann, 59, ist schon in der Amtszeit Angela Merkels als Kritiker der Flüchtlingspolitik bekannt gewesen. In den Verhandlungen um ein neues Bundespolizeigesetz in den vergangenen Jahren hat er oftmals die SPD vor den Kopf gestoßen. Für seine Nachfolge sind jetzt zwei Frauen im Gespräch. Zum einen ist dies Dagmar Busch, seit 2018 Leiterin der Bundespolizei-Abteilung im Innenministerium. Zum anderen Barbara Slowik, die seit 2018 als Polizeipräsidentin im rot-rot-grün regierten Berlin arbeitet.

Einen Wechsel soll es auch bei der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste geben. Das Kontrollgremium des Bundestags bekommt einen neuen Vorsitzenden als Nachfolger von Roderich Kiesewetter (CDU). Am Donnerstag soll darüber im Bundestag abgestimmt werden. Um die Position wird noch gerungen, es konkurrieren Ulrich Grötsch (SPD) und Konstantin von Notz (Grüne), der schon bisher Vize-Vorsitzender des Gremiums war.

Zum Gremium gehört auch ein Stab von etwa 20 Mitarbeitern, bislang geleitet von dem Juristen und CDU-Mitglied Arne Schlatmann. Obwohl Schlatmann, 57, sich in dieser Position überparteilich Anerkennung erworben hat, soll er abgelöst werden. Am Montag kehrt er zurück ins Innenministerium, wo er als Leiter des "Stabs Rückkehr" für Abschiebungen zuständig sein wird. Als Nachfolger wird ein Sozialdemokrat mit langer politischer Erfahrung und guten Kontakten ins Kanzleramt gehandelt.

Im Kanzleramt ist der bislang für die Geheimdienste zuständige Staatssekretär Johannes Geismann (CDU), wie BND-Chef Kahl ein langjähriger Vertrauter Schäubles, bereits abgelöst. Seine Position wird auch nicht nachbesetzt, was man im BND optimistisch als Anzeichen dafür wertet, dass der Dienst näher an den Kanzler und den Kanzleramtschef heranrücken solle. Der bisherige Leiter der Abteilung für die BND-Aufsicht, Merkels früherer Vize-Büroleiter Bernhard Kotsch, ist bereits im Sommer auf den Posten des deutschen Botschafters beim Vatikan gewechselt. Seine Nachfolge ist offen.

Bleiben noch zwei Posten übrig. Dass der Chef des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, 60, sein Amt behalten soll, kommt nicht überraschend. Bevor Münch 2014 vom damaligen CDU-Innenminister Thomas de Maizière berufen wurde, hatte er als parteiloser Staatssekretär unter dem SPD-Innensenator von Bremen gearbeitet. Überraschend ist eher: Die bislang einzige Frau im Kreis der Geheimdienstchefs, die Leiterin des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Martina Rosenberg, 50, hat zwar als enge Mitarbeiterin der CDU-Politikerin Ursula von der Leyen Karriere gemacht. Sie genießt aber auch das Vertrauen der neuen Ministerin Christine Lambrecht (SPD).

Zur SZ-Startseite

SZ PlusExklusivNeue Regierung
:Wer von der Ampel finanziell profitiert

Was bedeuten die Pläne der neuen Regierung für jeden Bürger? Welche Wahlversprechen halten die Parteien wirklich ein? Und was heißt das für Arm und Reich? Das zeigt erstmals eine große Rechnung.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: