Süddeutsche Zeitung

Verfassungsschutz Brandenburg:Rechte Szene macht sich in Vereinen breit

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Neonazis wollen das Vereinsleben beeinflussen, warnt die Chefin des Verfassungsschutzes in Brandenburg: Gerade in Sportvereinen versuchten die Rechtsextremen, junge Leute der Demokratie abspenstig zu machen.

Die Chefin des Verfassungsschutzes in Brandenburg hat Sportvereine aufgefordert, sich stärker mit dem Thema Rechtsextremismus auseinanderzusetzen. Neonazis versuchten, das Vereinsleben zu beeinflussen. "Der Sport hat sich lange Zeit sehr schwergetan, weil man sich für unpolitisch gehalten hat", sagte Winfriede Schreiber der Nachrichtenagentur dpa. "Mehr und mehr erkennen die Vereine, dass sie sich zur Demokratie bekennen müssen." Die Rechtsextremen organisierten Turniere, bei denen sich die Szene trifft. Damit zögen die Neonazis junge Leute an und machen sie der Demokratie abspenstig, sagte Schreiber. "Sie nutzen das normale Leben, um für ihre Bewegung zu werben."

Der Fall der Ruderin Nadja Drygalla bei den Olympischen Spielen, deren Lebensgefährte Michael Fischer aus der Neonazi-Szene stammte, habe gezeigt, wie schwer sich der Sportverband oder das Olympische Komitee getan haben. "Da habe ich großen Respekt vor den kleinen Vereinen oder Kommunen, die im täglichen Miteinander einen Weg finden müssen", sagte Schreiber. Viele hätten inzwischen in der Satzung ein klares Bekenntnis verankert. Dies werde jedoch nicht immer konsequent in der Praxis umgesetzt - oft aus wirtschaftlichen Gründen.

Die Verfassungsschutz-Chefin wies darauf hin, dass die rechten Demokratiefeinde versuchen, auch in anderen Bereichen der Zivilgesellschaft Fuß zu fassen. "Neonazis leben nicht im luftleeren Raum". Viele Neonazis seien heute keineswegs mehr bildungsfern und erfolgreich im Beruf. Schreiber räumte ein, dass gerade in kleinen Orten die Abgrenzung problematisch ist: "Die Jungs sind ja auch die Söhne von jemanden oder Geschwister. Und oft genug ist es purer Zufall, wo jemand landet - bei der Feuerwehr oder der Nazitruppe."

Während die NPD in Brandenburg kaum Fuß fassen kann, wächst die Neonazi-Szene laut Verfassungsschutz weiter. 2011 hatten die "Freien Kräfte" - parteiunabhängige, gewaltbereite Neonazis - etwa 410 Mitglieder. Diese Anzahl sei weiter gestiegen, sagte Schreiber. "Das ist eine besorgniserregende Entwicklung - zumal der harte Kern immer militanter wird." Auch die Zahl der extremistischen Straftaten sei gestiegen. Gewachsen ist - gemäß dem Bundestrend - auch der Anteil der Frauen in der Szene. Inzwischen liegt er laut Schreiber bei etwa 20 Prozent.

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