Die Gewerkschaft Verdi will das Streikrecht bei Kirchen nun mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichts durchsetzen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hat die Organisation eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Damit will Verdi ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom November aushebeln. Der Vorsitzende Frank Bsirske wirft den Arbeitsrichtern vor, darin die Rechte der Kirchen "unzulässig ausgeweitet" zu haben.
Das BAG hatte das Streikrecht der Gewerkschaften bei den Kirchen und deren Einrichtungen wie Krankenhäusern, Altenheimen und Kindergärten stark eingeschränkt. Zwar gebe es ein Grundrecht auf Streik - aber eben auch das Recht der Kirchen, all ihre Angelegenheiten "selbständig" zu regeln.
Die Richter wollten einen Ausgleich zwischen diesen beiden Rechten finden. Dazu legten sie fest, dass die Kirchen als Arbeitgeber drei Bedingungen erfüllen müssen. Erstens: All ihre Unternehmen halten sich an die in paritätisch aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern besetzten Kommissionen ausgehandelten Ergebnisse zu Lohn, Arbeitszeit oder Urlaub. Zweitens: Der Vorsitzende einer Schiedskommission, die im Fall des Scheiterns von Verhandlungen zu entscheiden hätte, ist unabhängig. Drittens: Die Gewerkschaften sind in allen Kommissionen vertreten. Nur falls die Kirchen diese drei Bedingungen nicht erfüllen, dürfen Gewerkschaften streiken.
Nach SZ-Informationen wendet sich Verdi nun vor allem gegen die dritte Bedingung - mit der Begründung, sie sei "vage und unbestimmt". Verdi befürchtet, dass die Kirchen nur einen einzigen Gewerkschafter in einer Verhandlungskommission zu akzeptieren brauchten, und schon hätten sie Streiks verhindert.
"Es findet also kein schonender Ausgleich von kollidierenden Rechten aus dem Grundgesetz statt", sagte Verdi-Chef Bsirske der SZ. "Sondern in der Praxis entsteht - durch Entscheidung der Kirchen - eine Situation, in der jeder mögliche Streik für die Gewerkschaften mit dem Risiko der Rechtswidrigkeit behaftet ist."