Verfassung - Mainz:Ampel-Fraktionen: Verfassungsänderung beim Rasse-Begriff

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Herbert Mertin (FDP), Justizminister von Rheinland-Pfalz. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa/Archiv (Foto: dpa)

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Mainz (dpa/lrs) - Nach einem Gutachten zum Rasse-Begriff in der Landesverfassung von Rheinland-Pfalz schlagen SPD, FDP und Grüne eine baldige Änderung vor. Die CDU-Fraktion plädiert hingegen für den Grundsatz "Gründlichkeit vor Schnelligkeit".

Vier von fünf Fraktionen sowie Justizminister Herbert Mertin (FDP) hatten sich im Juni im Landtag dafür ausgesprochen, den wissenschaftlichen Dienst mit der Prüfung des Rasse-Begriffs in der Verfassung zu beauftragen. Hingegen sprach der AfD-Fraktionsvorsitzende Uwe Junge von einer "völlig unnötigen" und "ideologischen Symboldebatte ohne jede Wirkung".

Die Parlamentarischen Geschäftsführer der drei Fraktionen in der Ampel-Regierung, Martin Haller (SPD), Marco Weber (FDP) und Pia Schellhammer (Grüne) erklärten nun, der wissenschaftliche Dienst des Landtags habe gezeigt, dass es möglich sei, den Begriff der "Rasse" zu ersetzen, und habe auch tragfähige Alternativen vorgeschlagen. Somit sei eine Änderung der Landesverfassung ist noch in dieser Wahlperiode möglich. Da dafür die Stimmen der CDU-Abgeordneten im Parlament nötig sind, riefen die drei Fraktionen die CDU zu einem gemeinsamen Vorgehen auf.

"Verfassungsänderungen müssen wohl durchdacht und fundiert begründbar sein", erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Martin Brandl. Daher trete seine Fraktion dafür ein, "vor einer Verfassungsänderung das Für und Wider gründlich abzuwägen und Experten anzuhören". Da auch das Grundgesetz und internationale Vereinbarungen den Rasse-Begriff verwendeten, sei "ein einheitlich abgestimmtes Vorgehen mit Blick auf die nächsten Monate" sinnvoll. Im Juni hatte der CDU-Abgeordnete Bernhard Henter gesagt, es sei wissenschaftlich unbestritten, dass das Konzept menschlicher Rassen widerlegt sei. Es gebe aber keine einfachen Lösungen in dieser "anspruchsvollen Diskussion". Daher könne auch eine Anhörung von Juristen im Rechtsausschuss sinnvoll sein.

In seinem 34 Seiten umfassenden Gutachten führte der wissenschaftliche Dienst aus, dass gegenwärtig 8 der 16 Landesverfassungen Bestimmungen mit dem Rasse-Begriff enthalten - oft in Zusammenhang mit Gleichheitsrechten oder Diskriminierungsverboten. Die Landtagswissenschaftler verwiesen darauf, dass bereits die in diesem Jahr verabschiedete Neufassung des rheinland-pfälzischen Schulgesetzes den Rassebegriff gestrichen habe - mit der Begründung, dass dieser Begriff historisch belastet und wissenschaftlich nicht korrekt sei.

In der Landesverfassung wird der Begriff beim Schutz der Ehre (Artikel 4) und beim Zugang zu öffentlichen Ämtern (Artikel 19) verwendet. Das Gutachten wendet sich dagegen, den Begriff durch den der ethnischen Minderheit zu ersetzen. Dieser "suggeriert in bedenklicher Weise, dass es tatsächlich nach biologischen Merkmalen zu trennende Menschengruppen gibt". Stattdessen empfiehlt das Gutachten, das Schutzbedürfnis der Verfassung mit den Begriffen Rassismus und rassistisch deutlich zu machen.

Vorgeschlagen wird daher, Artikel 4 der Landesverfassung so zu ändern, dass "rassistische Beleidigungen oder solche, die sich gegen einzelne Personen oder Gruppen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer religiösen, weltanschaulichen oder anerkannten politischen Gemeinschaft richten" durch öffentliche Klage verfolgt werden sollten. Für Artikel 19 wird die Formulierung "ohne Diskriminierung aufgrund rassistischer Kriterien" empfohlen.

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