Vereinte Nationen:Vetomächte ringen um gemeinsame Linie in Irak-Politik

Unter Vermittlung von UN-Generalsekretär Kofi Annan haben die fünf Außenminister der wichtigsten Mächte im Sicherheitsrat in Genf über die neueste US-Resolution zum Irak beraten. Bereits vor Beginn der Gespräche erteilte US-Außenminister Powell dem französischen Vorschlag für eine baldige Wiederherstellung der vollen Souveränität Iraks unter einer einheimischen Regierung eine klare Absage.

Der Plan sei "völlig unrealistisch". Mitglieder des von den USA eingesetzten irakischen Regierungsrats lehnten Frankreichs Vorschlag ebenfalls ab. Powell wollte von Genf aus weiter nach Irak reisen. Die US-Armee in Irak entschuldigte sich für die irrtümliche Erschießung irakischer Polizisten in der Stadt Falludscha.

Powell: Frankreichs Plan ist völlig unrealistisch

Annan und die Außenminister der USA, Russlands, Chinas, Frankreichs und Großbritanniens berieten in Zweier- und Plenargesprächen über den Resolutionsentwurf der USA, der eine von der UNO autorisierte Irak-Truppe unter US-Kommando vorsieht. Ein bilaterales Treffen von Powell mit Frankreichs Außenminister Dominique de Villepin verlief nach Informationen aus der US-Delegation "privat, sehr schnell, sehr kurz".

Der britische Außenminister Jack Straw sagte, es gebe einen Grundkonsens über eine Einbindung der internationalen Gemeinschaft in Irak. Es gehe nun darum, wie die Macht an eine gewählte Regierung übergeben werden kann. Nach dem Ende der Beratungen am späten Nachmittag wurden zunächst keine Einzelheiten bekannt.

Diskussion um Rolle der UNO im Irak

Powell hatte auf dem Weg nach Genf vor begleitenden Journalisten gesagt, er halte den von Frankreich vorgeschlagenen Zeitplan für eine Übergabe der Macht an die Iraker für wünschenswert, aber nicht für umsetzbar. Die USA hätten in Irak "zu viel getan und zu viel investiert, um einen solchen Vorschlag in Betracht zu ziehen".

Im Zentrum der Diskussion um eine neue Irak-Resolution im Sicherheitsrat sieht Powell nach eigenen Angaben die Frage, "in welchem Maß und auf welche Art die volle Verantwortung in Irak an die Iraker zurückgegeben werden kann und welche Rolle die UNO in diesem Prozess spielt".

De Villepin hatte in einem Interview mit der Zeitung Le Monde vom Freitag einen Zeitplan für eine Übergabe der Macht an die Iraker vorgeschlagen. Der Plan sieht Wahlen Anfang kommenden Jahres vor sowie eine internationale Wiederaufbaukonferenz. De Villepin nannte dieses Vorgehen als Bedingung für die Unterstützung einer neuen UN-Resolution.

Irakische Ratsmitglieder gegen französische Resolution

In Bagdad sprachen sich Mitglieder des von den USA eingesetzen irakischen Regierungsrats gegen den französischen Vorschlag aus. Ratsmitglied Muaffak el Rubai warf Frankreich vor, mit seinem Resolutionsentwurf eigene politische Ziele zu verfolgen und die Belange der Iraker außer Acht zu lassen. "Frankreich setzt seine eigenen Prioritäten. Für die Iraker ist die Sicherheit eine der wichtigsten Sorgen."

Sein Ratskollege Ibrahim el Dschaafari nannte eine rasche Machtübergabe an die Iraker wünschenswert, allerdings brauche es Zeit, bis die Iraker in freien Wahlen über ihre Regierung entscheiden können. "Wir wollen nicht mit festen Fristen arbeiten."

Wie am Samstag bekannt wurde, will Powell von Genf aus nach Irak weiterreisen. Nach einer Station in Kuwait werde er Bagdad besuchen, teilte Außenamtssprecher Richard Boucher mit. Wann genau Powell zu seinem ersten Irak-Besuch seit dem Sturz Saddam Husseins eintreffen wird, sagte Boucher nicht.

(sueddeutsche.de/AFP)

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