Vereinigte Staaten:Wegbügeln geht in der Russland-Affäre nicht mehr

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  • Vor einem Jahr soll sich Trumps ältester Sohn mit einer russischen Anwältin getroffen haben, die ihm belastende Informationen über Clinton versprach.
  • Donald Trump Jr. hat den Mailaustausch zu dem Treffen veröffentlicht und will mit den Behörden kooperieren. Sein Vater lobt seine Transparenz.
  • Der Druck auf den Präsidenten steigt nichtsdestotrotz: Erstmals hat ein Kongressabgeordneter ein Amtsenthebungsverfahren beantragt - Erfolgsaussichten dafür gibt es aber kaum.

Von Sacha Batthyany, Washington

US-Präsident Donald Trump bezeichnete die Russland-Affäre einmal als dunkle Wolke, die über dem Weißen Haus hänge. Nach dem Gespräch mit Wladimir Putin, am Rande des G-20-Gipfels in Hamburg, twitterte er, es sei nun Zeit, "vorwärts zu blicken". Doch nun, da bekannt wurde, dass sich sein ältester Sohn Donald Trump Junior vor etwa einem Jahr mit einer russischen Anwältin traf, die ihm belastende Informationen über Hillary Clinton versprach, hängt die Wolke über dem Weißen Haus tiefer denn je.

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Wenn selbst die Nachrichtensprecher des regierungsfreundlichen Fernsehsenders Fox News sagen, es sehe "nicht gut aus" für Donald Trump Jr., dann steht fest: Es ist Feuer unterm Dach. "Im Nachhinein würde ich wahrscheinlich einiges anders machen", sagte der Trump-Sohn in einem ersten Fernsehinterview mit Sean Hannity, einem Moderator und Freund Donald Trumps. Darin bot Trump Jr. an, unter Eid über den Inhalt des Treffens auszusagen.

Doch der Schaden für das Weiße Haus ist nicht mehr wegzubügeln, auch wenn es konservative Kommentatoren versuchten: Trump Jr. sei "das eigentliche Opfer", hieß es, er habe sich doch nur Informationen über die Gegenseite beschaffen wollen, was sei schon dabei? Andere schrieben, er sei "politisch naiv" und habe nicht gewusst, was er tat. Doch die E-Mails, die dem Treffen mit der Anwältin vorausgingen und die der Präsidentensohn unter Druck veröffentlichte, um der New York Times zuvorzukommen, zeichnen ein anderes Bild: Donald Trump Jr. war offenbar gierig auf alles, was seinem Vater helfen könnte, die Wahlen zu gewinnen.

Die Informationen, die ihm von einem Mittelsmann in den E-Mails versprochen wurden und seinem Vater "nützlich sein könnten", seien "Teil der Unterstützung Russlands für Mr. Trump". Worauf der Präsidentensohn antwortete: "Wenn es das ist, was Sie sagen, dann liebe ich es."

Trump Jr. nahm seinen Schwager Jared Kushner und den damaligen Wahlkampfberater Paul Manafort mit zu dem Gespräch. Er äußerte in den Mails weder Bedenken noch Zweifel, obwohl keiner von ihnen die Gesprächspartnerin kannte. Dass sie nicht sofort das FBI informierten, ist Skandal genug.

In jedem Fall kann die Affäre nun nicht länger als Erfindung der "Fake-News-Medien" kleingeredet werden, wie es rechte Kommentatoren und der Präsident so oft taten. Angesprochen auf die Einmischung Russlands in die US-Wahlen, sagte Trump noch vergangene Woche in Polen, es könne Russland gewesen sein oder auch jemand anders, womit der Präsident noch einmal Zweifel säen wollte.

Lobende Worte für Putin

Am Mittwoch dann lobte er in einem Interview mit einem christlichen Fernsehsender seine Beziehung zu Putin: "Ich glaube, wir kommen sehr, sehr gut miteinander aus." Allerdings, so fügte Trump hinzu, hätte Putin wohl einen Wahlsieg Hillary Clintons bevorzugt: Diese hätte bestimmt die US-Verteidigungsausgaben nicht so stark erhöht wie er. Die E-Mails des Präsidentensohns zeigen zwar nicht, dass es zu einer Absprache zwischen dem Wahlkampfteam und russischen Behörden kam, aber sie legen dar, dass die Bereitschaft dafür vorhanden war.

Und sie werfen neue Fragen auf: Wer wusste noch von diesem Treffen und den "hochsensiblen Informationen", etwa Donald Trump persönlich? Gab es weitere solche Gespräche? Dies sind die Fragen, mit denen sich Robert Mueller, Sonderermittler in der Russland-Affäre, in den kommenden Wochen auseinandersetzen muss.

Sicher ist: Gut einen Monat nach dem Treffen von Trump Jr. und der russischen Anwältin veröffentlichte die Plattform Wikileaks eine Reihe von gehackten E-Mails, die von einem Computer der demokratischen Parteizentrale stammten. Tage danach rief der damalige Präsidentschaftskandidat Trump in einer Rede die Russen dazu auf, sich an der Suche nach den fehlenden E-Mails von Clinton zu beteiligen und sich in den US-Wahlkampf einzumischen. "Russland, wenn du zuhörst, ich hoffe, du findest die 30 000 E-Mails", sagte Trump in Florida. "Wahrscheinlich haben sie sie bereits", fügte er an. "Ich hoffe, dass sie sie haben."

Auf Twitter wiederholte Trump jetzt seine Einschätzung, es handle sich um die "größte Hexenjagd in der politischen Geschichte". Der von ihm als neuer FBI-Chef nominierte Christopher Wray widersprach am Mittwoch: Bei der Ermittlungen handle es sich keineswegs um eine Hexenjagd. Er sei "fest entschlossen", die Arbeit des Sonderermittlers Mueller zu unterstützen. Die Affäre um den Präsidentensohn setzt die Anführer der Republikanischen Partei unter Druck, Stellung zu beziehen. Bislang stärkten sie Trump den Rücken, Stabschef Reince Priebus bezeichnete die Recherchen der New York Times als einen "Haufen Nichts".

Demokrat stellt Antrag auf Amtsenthebung

Brad Sherman, demokratischer Abgeordeter aus Kalifornien, stellte am Mittwoch einen Antrag auf Amtsenthebung gegen Trump. Dieser hat im von Republikanern dominierten Repräsentantenhaus jedoch wenig Aussicht auf Erfolg. Auch die demokratische Parteiführung hat sich von Amtsenthebungsversuchen distanziert, weil sie glaubt, dass dies nur die Unterstützer des Präsidenten stärke. Sherman hat sein Vorhaben bereits vor Wochen angekündigt.

Wie sich die neuen Erkenntnisse auf Trumps Stammpublikum auswirken, ist fraglich. In einer Umfrage vergangene Woche gaben immerhin 85 Prozent der republikanischen Wähler an, mit Trumps Präsidentschaft zufrieden zu sein.

© SZ vom 13.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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