Vereinigte Staaten:Trump vollzieht Kehrtwende in Afghanistan-Politik

Bisher wollte der US-Präsident die Soldaten abziehen, nun erhöht er ihre Zahl. Die Nato reagiert erleichtert.

Von Hubert Wetzel und Daniel Brössler, Washington/Brüssel

Entgegen seiner Ankündigung im Wahlkampf - und entgegen seiner inneren Überzeugung - wird US-Präsident Donald Trump die Zahl der amerikanischen Truppen in Afghanistan erhöhen und den Krieg dort auf unbestimmte Zeit fortsetzen. Das kündigte er am Montagabend in einer Rede an. Eine Zahl nannte er für die Truppenaufstockung nicht, im US-Kongress ist jedoch von etwa 4000 zusätzlichen Soldaten die Rede. Derzeit sind etwa 8500 US-Soldaten in Afghanistan stationiert. Die meisten sind als Ausbilder und Berater für die afghanische Armee tätig, ein Teil des Kontingents führt Einsätze gegen islamistische Terroristen durch.

Trump hatte den seit fast 16 Jahren andauernden Krieg in Afghanistan früher immer wieder als Zeit- und Geldverschwendung bezeichnet. Er werde die US-Soldaten abziehen, hatte er zugesagt - ein Versprechen, das bei vielen kriegsmüden Wählern gut ankam. Sein "Instinkt", auf den er normalerweise höre, habe ihm geraten, den Einsatz zu beenden, sagte Trump auch am Montag. Allerdings habe er einsehen müssen, dass ein überstürzter Abzug ein Vakuum schaffen und islamistische Terrorgruppen stärken würde. Daher würden die USA weiterkämpfen. Um sich von seinen Vorgängern abzusetzen, sagte Trump jedoch, es gehe künftig nicht mehr darum, die afghanische Nation aufzubauen. "Es geht darum, Terroristen zu töten."

Der Kehrtwende waren heftige Streitereien unter Trumps Beratern vorausgegangen. Der inzwischen entlassene Chefstratege Stephen Bannon hatte den Rückzug des US-Militärs gefordert. Die ehemaligen Generäle, denen Trump wichtige Posten in seiner Regierung gegeben hat, hatten hingegen für die Fortsetzung des amerikanisches Einsatzes in Afghanistan plädiert.

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Barack Obama nannte Trump kein Enddatum für den US-Einsatz mehr. Dessen Umfang und Ziel werde künftig "von der Situation im Land" abhängig sein, so Trump. Zudem kündigte er an, wesentlich mehr Druck auf Pakistan ausüben zu wollen. Die afghanischen Taliban und andere Islamisten finden im Nachbarland Pakistan immer wieder Unterschlupf und Hilfe.

Bei der Nato in Brüssel herrschte Erleichterung, dass Trump die bisherige Strategie nicht über den Haufen geworfen und eine Truppenerhöhung angekündigt hat. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg reagierte dennoch verhalten. Er begrüßte nur Trumps "neuen, situationsangepassten Ansatz für Afghanistan und die Region".

Die USA führen in Afghanistan unter eigenem Kommando Anti-Terror-Operationen durch. Sind aber auch der größte Truppensteller in der von der Nato geleiteten Ausbildungsmission Resolute Support. Knapp 7000 der 12 000 bis 13 000 Soldaten dieser Mission kommen aus den USA. Mehr als 15 der 39 beteiligten Staaten hätten zuletzt eine Erhöhung ihrer Truppenzahl zugesagt, sagte Stoltenberg. "Unser Ziel ist, dass Afghanistan nie wieder zum sicheren Hafen für Terroristen wird, die unsere Staaten angreifen", erklärte der Generalsekretär der Nato.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: